Mittwoch, 17. März 2010

Wie frauenfeindlich...

...Deutschland immer noch ist, kann man sehr schön der Berichterstattung zu Miriam Meckels Burnout-Buch entnehmen, z.B. hier. Ich werde aus der Ferne den Eindruck nicht los, dass Frau Meckel zwar ihr Zusammenbruch allgemein gegönnt wird - erfolgreiche Frauen müssen bestraft werden - dass aber die literarische Verarbeitung dieser Erfahrung als obszön empfunden wird (im Gegensatz zu dem porno-pubertären, kreuzdummen Geschreibsel der Helene H. aber das ist ein anderes Thema). Gutaussehend, Lesbe (und dabei auffallend feminin, wie sich der Spiegel nicht entblödete, festzustellen), Hochschullehrerin (ohne Habil, wie überall betont wird), Intellektuelle, Medienprofi. Da hat frau offensichtlich nichts anderes als einen Burnout verdient. Und wehe, sie macht das öffentlich! Wehe, sie schreibt ein Buch darüber! Das bedeutet in den Augen mancher Kritiker: Kapital aus der eigenen Lebenskrise schlagen. So dumm dieser Vorwurf ist (seit wann macht Bücherschreiben reich?), so entlarvend ist er für die Intoleranz, die Häme, und den Sozialneid, die Frau Meckel entgegenschlagen.

5 Kommentare:

Unknown hat gesagt…

Wobei ja der verlinkte - und aus meiner Sicht die Grenze zum persönlichen Angriff zumindest auslotende, eventuell sogar schon überschreitende - Beitrag in der SZ interssanterweise von einer Journalist_IN_ verfasst wurde. Honi soit qui mal y pense, aber die Frage sei trotzdem erlaubt: Verspürt Frau Pfauth angesichts des Buches von Miriam Meckel eventuell sowas wie Burnout-Neid?

hb

birgit schönau hat gesagt…

Frauenfeindlichkeit ist eben kein Privileg der Männer...und der Ausdruck Burnout-Neid ist übrigens ziemlich genial. Um Neid geht es wohl auf jeden Fall. Jens Bisky hatte gestern in der SZ-Literaturbeilage eine sehr differenzierte, lesenswerte Rezension zum Meckel-Buch verfasst, leider nicht online, weil offensichtlich zu feinsinnig, immerhin zitiert auf: http://www.2muchin4mation.com/jens-bisky-ueber-miriam-meckels-burnout/

Anonym hat gesagt…

Sehe ich auch so, dass der Text in der SZ eine Unverschämtheit ist. Intoleranz, Häme, Neid - klingt in der Tat alles durch.

Nur die Frauenfeindlichkeit, die erkenne ich in Frau Pfauths Beitrag nicht so recht. Das mag an mir liegen, und ich lasse mich gern belehren.

Ok, "das schöne Gesicht der Mediengesellschaft" kann man so interpretieren, den Hinweis auf ihre Beziehung möglicherweise auch. Was mir allerdings schon etwas gewollt erschiene.

Unbestritten bleibt, dass Frau Pfauth Frau Meckel meines Erachtens unangemessen und persönlich angreift. Dem Text entnehme ich jedoch nicht, ob sie dies trotz, wegen oder unabhängig von Frau Meckels Geschlecht tut.

birgit schönau hat gesagt…

Frauenfeindlich finde ich in der Tat nicht nur den hier beispelhaft zitierten Beitrag ("Sie ist, was sie macht. M.M. giert weiter..."), sondern die ganze Debatte. In nicht wenigen Leserkommentaren wird Frau Meckel wegen ihrer Kinderlosigkeit frontal angegriffen - ganz so, als dürften Frauen höchstens durch ihre Familie gestresst sein. Würde man "Er ist, was er macht. Er giert weiter" auch als kritische Anmerkung in einem Bericht über einen männlichen Manager lesen? Ich bin mir da nicht sicher...

Unknown hat gesagt…

[quote] ... der Ausdruck Burnout-Neid ist übrigens ziemlich genial ... [unquote]

Danke, danke - zuviel der Ehre... ;-) Es ist nun schon eine ganze Reihe von Jahren her, da hat Axel Hacke in seiner Kolumne für das SZ-Magazin erzählt, wie einmal zufällig das Wort "Niemandsbucht" in seinen Besitz kam, das er später großzügig an Peter Handke für einen Romantitel weiterverschenkt hat. Hoffentlich in seinem Geiste handelnd stifte ich daher an dieser Stelle den Ausdruck "Burnout-Neid" dem vorliegenden Blog und seinen Lesern zur kennzeichnungs- und entgeltfreien, auch über das Blog selbst hinausgehenden Verwendung.

(Womit dann, wie mir gerade auffällt, in gewisser Weise sogar ein thematischer Bogen zur Erwähnung von Helene H. im Ursprungs-Posting dieses Threads geschlagen wäre... Aber das war jetzt Zufall. Ehrlich.)