Freitag, 7. Mai 2010

Verschwörungstheorien...

...sind offenbar doch keine italienische Spezialität. Da vermutet Uli Hoeneß finstere italienische Mächte hinter der Endspiel-Sperre für Ribéry. Genau wie die Italiener die finsteren Mächte des Nordens hinter dem knappen Bayern-Sieg durch höchst merkwürdige Schiedsrichterentscheidungen gegen den AC Florenz in München wähnten. Und sogar Michel Platini verdächtigten, den Franzosen mit italienischen Wurzeln. Was soll man dazu sagen? Ein Tor ist ein Tor (nicht wahr, Klose?) und eine Sperre ist eine Sperre.

11 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ja klar, eine Sperre ist eine Sperre. Bestreitet ja niemand. Die entscheidende Frage ist doch, ob es nicht vielmehr ein grobes Foulspiel anstatt einer Tätlichkeit war. Also, ob das Strafmaß Platzverweis plus ein Spiel geperrt oder Platzverweis plus x-Spiele gesperrt lautet. Und da kann man, als neutraler Beobachter, durchaus zu einem anderen Ergebnis als die UEFA kommen. Ribéry ging klar, und vor allem, von vorne zum Ball - kam aber zu spät. Rücksichtslosigkeit oder gar Verletzungsabsichten kann man ihm dafür aber beim besten Willen nicht unterstellen. Eine Tätlichkeit ist das, was Totti sich diese Woche gegen Balotelli erlaubt hat. Für mich grenzt das sogar schon an Körperverletzung: von hinten kommend, ohne eine Chance oder gar Interesse an den Ball zu gelangen, vor Wut kochend nur auf den Gegenspieler fixiert, rücksichtslos auf Waden- bzw. Schienbeinhöhe durchzuziehen...widerlich!

Im Grunde genommen geht es bei der ganzen Bayern-Aktion pro Ribéry gar nicht so sehr darum, ihn beim Champions League Finale einsetzen zu können; das Match können sie auch gut ohne ihn gewinnen. Vielmehr verfolgen die Bayern - insbesondere Uli Hoeneß mit seiner erneuten Krakelerei - ein ganz anderes Ziel: sie wollen Ribéry zeigen, wie sehr man sich bei den Bayern um ihn kümmert. Er also besser beraten wäre, seinen Vertrag bei ihnen zu verlängern, anstatt bei Real, Barca etc. u.U. nur eine Nebenrolle zu spielen. Daher: die Verschwörunstheorien Hoeneß' muss man nicht ernst nehmen, nur richtig einordnen können.

Und klar, Tor ist Tor! Auch wenn Kloses Tor gegen Florenz unstrittig aus einer Abseitsposition heraus erzielt worden ist, so handelt es sich hierbei um eine Tatsachenentscheidung. Diese kann - zurecht - nicht angefochten werden. Im Gegensatz dazu, wurde das genaue Strafmaß für Ribérys Platzverweis erst Tage später durch die UEFA Kontroll- und Disziplinarkommission festgelegt. Insofern hinkt Ihr Vergleich ein wenig...

birgit schönau hat gesagt…

Lieber Justus, danke für Ihren detaillierten und kenntnisreichen Kommentar. Das habe ich ja gar nicht verdient - ich wollte mich nur über die folkloristische Bayern-Theorie über die angeblich so mächtigen Italiener in der Uefa ein wenig lustig machen. Zumal gerade die Italiener ja nicht müde werden zu behaupten, dass Inter gar keine italienische Mannschaft sei...

Peter hat gesagt…
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birgit schönau hat gesagt…

Lieber Peter, ich musste Ihren Eintrag leider löschen, weil er beleidigend war. Sorry.

Maxwithoutsam hat gesagt…

Als ich Hoeneß' Äußerungen gelesen habe, kam es mir auch erst wie ein schlechter Scherz vor, doch Justus' kristallklare leuchtet ein. Dennoch halte ich die Einstellung des Bayern-Präsidenten für vergebene Liebesmüh'.

Es ist auch Fakt, dass viele italienische Funktionäre in der UEFA vertreten sind, wirklich Einfluss geht meiner Meinung nach nicht von ihnen aus, vielmehr sehe ich bei vielen eine nette "Beförderung", um ihnen ein nettes Gehalt zu garantieren oder um sie von den nationalen Belangen fernzuhalten. Mir graut es dennoch davor, dass diese Funktionäre Werbung für eine mögliche EM in Italien 2016 machen. Denn bei der aktuellen Situation darf man an so etwas im Bel Paese gar nicht denken...

birgit schönau hat gesagt…

Doch, Massimiliano, ich fände es richtig und wichtig, die EM 2016 nach Italien zu vergeben. Die Entscheidung gegen Italien und für Polen/Ukraine 2012 hat ja auch ihre Unwägbarkeiten. Die letzte EM in Italien war 1968! Es gibt schon jetzt allenthalben Baupläne für neue Stadien (Juve wird 2011 fertig, Florenz und Rom sind anhängig).Ehrlich, wenn man eine WM in Südafrika veranstalten kann, dann spricht auch nichts gegen eine EM in Italien. Und was die Funktionäre in der Uefa angeht: Gut beschrieben. Deshalb tut sich ja auch nichts.

Anonym hat gesagt…

@ birgit schönau
Danke für den Hinweis, dass "die Italiener" (um mal wie Hoeneß alle über einen Kamm zu scheren ;-) ) Inter absprechen, ein italienisches Team zu sein. War mir entfallen. Aber wenn ich mir so den aktuellen Kader vor Augen halte fällt natürlich auf, dass mit Balotelli nur einer der fünf Italiener (Toldo, Orlandoni, Materazzi, Santon und Balotelli) mehr als zehn Ligaeinsätze aufweisen kann. Wobei sicherlich viele Konservative Italiener Balotelli noch nicht mal als einen Landsmann zählen dürften.


@ Massimiliano Petrucci
Ich glaube auch nicht, dass Hoeneß' populistische Aktion in irgendeiner Weise helfen wird, den Ausgang des Verfahrens im Sinne der Bayern zu beeinflussen. Aber das ist auch gut so! Zum Glück gibt es mit dem CAS mittlerweile eine Sportgerichtsbarkeit, der man zutrauen kann, wirklich unabhängig zu urteilen und in der nicht wie in zahlreichen Sportverbände gemauschelt wird (Stichwort: "Familie" http://jensweinreich.de/2008/09/30/und-es-sprach-sepp-blatter/).

Aber für Hoeneß ist das Ganze ohnehin eine Win-Win-Situation: Ribéry dürfte mittlerweile ziemlich deutlich erkannt haben, was für eine hohe Wertschätzung er bei den Bayern genießt. Und sollter er letztlich im Champions League-Finale doch spielen dürfen, hätte Hoeneß mal wieder alles richtig gemacht.

Anonym hat gesagt…

@Birgit: Puh, guter Einstieg für einen ersten Eintrag;) Möchte ich mich für die Wortwahl entschuldigen. Ich denke dennoch, dass sie die Problematik, auf die ich hinweisen wollte, erkannt haben. Wie sie darüber denken, bleibt ihnen überlassen.

Dennoch vielen Dank für ihren Blog, den ich leider erst seit kurzem entdeckt habe und sehr gern verfolge.

P.s.: Obwohl ich den exakten Wortlaut meines gelöschten Beitrags nicht mehr kenne, wollte ich fragen, ob ich wirklich eine Beleidigung in den Mund genommen habe, die Scharlatan übertrifft.

Mit besten Grüßen,
Peter

birgit schönau hat gesagt…

Lieber Peter, Schwamm drüber und herzlich willkommen!

Maxwithoutsam hat gesagt…

@ birgit schönau:

Ich bleibe sehr kritisch, was eine EM in Italien angeht. Zwar mag mit dem nötigen Optimismus solch ein großes Turnier nicht nur eine zwingend notwendige Modernisierung der Infrastruktur, sondern auch ein Umdenken in der Gesellschaft bringen, meiner Meinung nach findet ja leider eine Nivellierung nach unten statt. Es scheint, dass Politiker immer mehr ein "linguaggio da stadio" benutzen und sowieso mehr über Fußball reden als sich um die Probleme des Landes zu kümmern. Auch Nachrichten wie die folgende lassen mich erschaudern:

http://roma.repubblica.it/cronaca/2010/05/09/news/caso_gugliotta-3928338/

birgit schönau hat gesagt…

Ja, schlimm der Fall des von der Polizei verprügelten Jungen. Aber was hat das mit der EM-Bewerbung zu tun? Der Niedergang der politischen Kultur und das Allenthalben-über-Fußball-schwätzen ist kein rein italienisches Problem, finde ich. Die EM 2016 wäre eine große Chance für die Renaissance des italienischen Fußballs. Italien ist schließlich immer noch eines der großen Fußballländer der Welt. Wenn große Turniere nur noch dort veranstaltet werden können, wo garantiert harmlose Party-Stimmung herrscht (am besten noch mit Fanmeilen), dann gibt es außer Deutschland, der Schweiz und Skandinavien nicht mehr ganz so viele Alternativen...