Sonntag, 30. November 2008

Italienische Zutaten

Endlich habe ich in einem Kochbuch über die Amalfiküste ein Rezept für Profiteroles al Limone gefunden.Da bin ich auf Seite 20 über diesen Satz gestolpert: "Die Geschichte von Salvatore und seiner Familie ist eine typisch italienische Geschichte voller Mut und Arbeits-Lust, voller Leidenschaft und voller Erfolge, die dem Leben abgekämpft wurden ohne jemals aufzugeben."
Diesen Satz finde ich bemerkenswert. Er steht in einem Kochbuch aus dem Jahre 2008, als Dreingabe zu den Profiteroles. Ist das jetzt typisch italienisch?

Samstag, 29. November 2008

Woody und Silvio

Ich war im Kino, es gab "Vicky Cristina Barcelona" von Woody Allen. Ein vollkommen sinnfreier Film, mit krachenden Klischees von hormongesteuerten Südländern gefährlich überladen, voller schlabbernder Altmännerphantasien, trotzdem lustig. Aber darum geht es gar nicht.
Es geht darum, dass man ins Kino steuert und schon wieder sein Scherflein zu Reichtum und Glück unseres Ministerpräsidenten beiträgt. Der neue Woody Allen wird von Medusa vertrieben, das ist das Kino-Unternehmen von Berlusconi. Medusa gehören auch jede Menge Kinos, zum Beispiel das Cinema Farnese am Campo de' Fiori, wo ich heute abend war. Die Sache ist: Man kommt an Berlusconi nicht vorbei. Er verdient an uns, auch wenn wie das gar nicht wollen. Die Schulbücher von unseren Kindern erscheinen genauso in seinen Verlagen wie der Welterfolg "Gomorrha" von Roberto Saviano oder die Ausstellungskataloge der großen Kunstschauen.
Muss man sich wundern, dass Berlusconi neulich für 16 Millionen Euro Aktien seines Fernsehunternehmens zurück gekauft hat, weil sie gerade günstig waren, mitten in der Finanzkrise? Auch mit unserem Geld. Und mit Woody und Saviano.
Das ist Italien. Man will Woody Allen sehen und sieht zuerst das Medusenhaupt von Mister B. In diesem Land hat man vor Berlusconi noch nicht mal seine Ruhe, wenn im Saal das Licht ausgeht.

Freitag, 28. November 2008

Nie wieder Tor

Marco Ballotta war ein Mythos als Torwart: Der älteste Keeper der Serie A. Der älteste Torwart (und Spieler) in der Champions League. Als er in diesem Sommer bei Lazio Rom aufhörte, war Ballotta schon 44. Er ist der Torwart, der die wenigsten Tore in der Profiliga kassierte - 1989/90 musste er sich in 34 Spielen für den damaligen Drittligisten Modena nur neunmal geschlagen geben. Ballotta hat bewiesen, dass man kein Star sein muss, um eine Legende zu werden. Man muss nicht schön sein. Man muss noch nicht mal schön reden können. Es reicht, unglaublich beharrlich zu sein.
Ballotta reicht das aber nicht. Er will weiter Fußball spielen, aber er will nie mehr ins Tor: "Mein ganzes Leben lang musste ich meinen Kollegen beim Jubeln zuschauen, wenn sie getroffen hatten. Eine ordentliche Parade ist einfach nicht dasselbe!" Ballotta will jetzt selbst ausprobieren, wie es ist, zu treffen und zu jubeln. Beim Amateurklub Calcara Samoggia in der Emilia Romagna ließ er sich als Mittelstürmer anheuern. Letzten Sonntag hatte er seinen ersten Einsatz, kommenden Sonntag wird er von der 1. Minute an spielen. Natürlich ist Ballotta mit 44 auch der älteste Spieler in der 8. Liga. Und falls er trifft, wird er der älteste Torschütze der 8. Liga sein. Schon jetzt ist Ballotta der älteste befreite Torwart der Welt. Mitico!

Donnerstag, 27. November 2008

Il bello del calcio:



Unglaublich, wie abhängig die Roma immer noch von Totti ist. Kaum kehrt er nach langer Verletzungspause zurück, krabbelt sie Punkt um Punkt vom Absteigerplatz in der Serie A und vom Totalausfall an die Gruppenspitze in der Champions League.

Luxuria

Vladimir Luxuria hat die sechste Ausgabe des Dschungelfernsehens "Isola dei Famosi" gewonnen. Früher war Luxuria Parlamentsabgeordnete der kommunistischen Partei Rifondazione Comunista. Als Politikerin tritt die Transsexuelle für die Rechte von sexuellen Minderheiten ein (diese Rechte sind in Italien inexistent). Jetzt glaubt Luxuria, ihr Sieg im Dschungelfernsehen sei auch ein Triumph über Vorurteile. Das meint auch der Schwulenverband Arcigay. Ich glaube, das ist ein tragischer Irrtum. Vladimir Luxuria ist nur ein weiteres Beispiel dafür, dass Politik und Show in Italiens eins sind.
Die sieben bis neun Millionen Zuschauer, die Luxuria über Wochen im 2. Kanal des Staatsfernsehens (!) RAI beim Über-den-Boden-Krabbeln und beim Heuschreckenessen auf einer Insel des bitterarmen Landes Honduras zugesehen haben, könnten tolerante Menschen sein. Oder auch gemeine Voyeure, die dem exotischsten Element im Dschungel applaudieren, wie sie das auch in jedem anderen Zirkus täten. Schließlich leben wir in einem Land, in dem Regierungspolitiker öffentlich die schlimmsten Dinge über Schwule sagen und Bürgermeister auf der Straße gegen Schwule demonstrieren, angetan mit einem T-Shirt, auf dem steht: Wir Romeo und Julia, ihr Sodom und Gomorrha.

Mittwoch, 26. November 2008

Pleitegeier in der dritten Liga

Es gibt eine neue Fußball-Pleitewelle in Italien, aber diesmal sind nicht die großen Klubs betroffen (wie vor ein paar Jahren der AC Florenz, der SSC Neapel und der AC Parma), sondern Drittligisten wie Pescara und Legnano, Klubs mit einer langen Tradition und einer starken Verwurzelung in ihrer Region. Bei Pescara Calcio hat das Desinteresse der Besitzer - die Schweizer Firma Eurocat - den Klub ins Abseits gestellt. Seit August haben die Spieler kein Gehalt bekommen, deswegen drohen sie immer wieder mit Streik. Und spielen dann doch. Gewinnen sogar, wie zuletzt vergangenen Sonntag. "Das Maß ist voll," haben die Spieler geschrieben. "Bei uns gibt es Leute, die 1.500 Euro im Monat verdienen, aber schon lange kein Geld mehr bekommen und nicht wissen, wie sie ihre Kinder kleiden sollen. Wir sind mit unseren Nerven am Ende." 1.500 Euro ist der gesetzliche Mindestlohn für Fußballprofis in Italien, jawohl, das gibt es hier. Zum Vergleich: Zlatan Ibrahimovic von Inter Mailand bekommt als absoluter Topverdiener allmonatlich eine Million Euro. Netto wohlgemerkt.
Mit anderthalb Monatsgehältern von Ibrahimovic könnte sich Legnano Calcio retten. Der 1913 gegründete Klub hat 1,5 Millionen Euro Schulden. Peanuts, verglichen mit den je 120 Millionen, die AS Rom und Lazio Rom dem Staat an nicht bezahlten Steuern schulden. Doch Legnano droht am Freitag das Aus.