Ein Politiker der Mitte-Links-Oppositionspartei PD lässt sich Anfang Juli von seinem Chauffeur in seinem Dienstwagen in die römische Via Gradoli fahren - an dieselbe Adresse, die in Italien traurige Berühmtheit erlangte, weil die Roten Brigaden hier den von ihnen entführten Christdemokraten Aldo Moro gefangen hielten. Der Politiker, der sich in die Via Gradoli chauffieren lässt, ist Piero Marrazzo, Präsident der Region Latium. Einer der wichtigsten Regionalfürsten Italiens, vergleichbar mit dem Ministerpräsidenten eines großen Bundeslandes. Marrazzo ist in einer Wohnung an der Via Gradoli mit einem Transsexuellen aus Brasilien verabredet. Es ist nicht das erste Mal, es sind die Wochen, in denen die Welt über die Eskapaden von Silvio Berlusconi spottet. Marrazzo wird erwischt. Er ist gefilmt worden, später wird er von vier Carabinieri mit angeblich sogar mehreren Videos erpresst. Gestern tritt er zurück, ein gebrochener Mann: "Ich sorge mich jetzt nur um meine Familie." Ach ja, die Familie!
Darum soll es hier nicht gehen. Sondern darum, dass Leute wie Marrazzo, ehemals TV-Journalist, dann hinabgestiegen in die Politik, dass also Leute wie Marrazzo auch das letzte Fünkchen Vertrauen zerstören, das die Italiener in ihre Politiker haben. Wie ist es möglich, dass die Politik in diesem Land von Männern repräsentiert wird, die sich in ihren Bürozeiten bezahlten Sex verschaffen müssen und zu diesem Termin mit dem Dienstwagen fahren? Die die darauf folgenden Erpressungsversuche (von Carabinieri!) nicht anzeigen? Die ernsthaft glauben, die Sache käme nicht ans Tageslicht? Dieselbe Opposition, die in diesem Sommer Berlusconi wegen seiner Partys mit Prostituierten kritisierte, hat solche Provinzfürsten in ihren Reihen.
Die Macht verschleißt den, der sie nicht hat, wusste schon Giulio Andreotti. Diese Mächtigen verschleißen das Land, weil sie glauben, es zu besitzen.
Sonntag, 25. Oktober 2009
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