Mittwoch, 17. Juni 2009

Ein Tod in Neapel

Petru Birlandeanu war 31, er spielte Akkordeon in der Metro von Neapel. Vorher war er Profifußballer gewesen, Mittelstürmer beim rumänischen Erstligaklub FC Politehnica Iaşi.
Petru verließ seinen Klub und sein Land, er ging zusammen mit seiner Frau nach Italien. Nach Neapel. Die Stadt gab ihm nichts, er lebte von Almosen, sie schlugen sich so durch.
Am Abend des 26. Mai kurz vor 20 Uhr befanden sich Petru und seine Frau am Eingang der Seilbahnstation von Montesanto mitten in der Altstadt. Es war noch hell. Vier Mopeds mit acht Männern darauf rasten gegen die Einbahnstraße. Jemand schoss. Petru sank zu Boden. Er schleppte sich dann in den Bahnhof, bis vor die Ticketschranke. Seine Frau war bei ihm, sie nahm ihm das Akkordeon ab, sie hielt seine Hand, sie schrie nach Hilfe. Als der Krankenwagen kam, war Petru schon tot. Eine Viertelstunde lang war er gestorben. Keiner der vielen Menschen in der Stazione Montesanto hatte sich ihm genähert, keiner hatte Hilfe angeboten, alle hatten einfach nur zugeschaut. Die Ambulanz kam nicht für Petru, sondern für einen 14-Jährigen Italiener, der in der Schießerei leicht verletzt worden war.
Der Tod in Neapel kann plötzlich sein, absurd und grausam. Genau wie das Leben. Dutzende Male habe ich in Montesanto die Seilbahn genommen, um nach San Martino hochzufahren. Beim nächsten Mal werde ich an einen Akkordeonspieler denken, der nie mehr Fußball spielen kann.

1 Kommentar:

mc5 hat gesagt…

Manchmal kann ich es wirklich nicht glauben, was in Italien alles passiert. Ob im Norden oder Süden. Faschistische Bürgerwehren, Fremdenfeindlichkeit, Korruption und was alles noch.
Und wenn ich dann lese, dass Fabio Cannavaro (angeblich) gesagt hat, dass Roberto Saviano mit Gomorrha "das Ansehen Italiens weltweit ruiniert" hätte, dann fällt einem gar nichts mehr ein.
Und über Berlusconi werden auch alle paar Tage neue Geschichten enthüllt. Es scheint immer mehr zu brodeln oder seh ich das falsch? Auch wenn Berlusconi ein zäher Hund sein mag, alles kann auch er nicht weglächeln.
Aber selbst wenn Berlusconi weg ist, was kommt dann? Boh.