Sonntag, 31. Januar 2010

Il bello del calcio XV

Nicht, dass Okaka allzuoft angenehm aufgefallen wäre, bevor er jetzt die Roma in Richtung England verlässt. Aber darf man meckern angesichts eines solchen Abschiedsgeschenks, das auch noch für einen 2. Platz sorgt mit den bibbernden Laziali auf minus zwanzig?

7 Kommentare:

Swen hat gesagt…

Liebe Frau Schönau,

ich bin grundsätzlich meist angetan von Ihren Texten. Der heutige in der Süddeutschen jedoch hat mich schwer enttäuscht.

Sie wissen wohl selbst von den mafiösen Strukturen im italienischen Fußball, erst recht bei Lazio Rom. Sie wissen selbst, dass der Verein den Irriducibili Auswärtsfahrten und Saisontickets für Heimspiele zur Verfügung stellen.

"Haben Sie kein schlechtes Gewissen?", fragte die unsympathische Zeitung mit den vier Buchstaben in Richtung Thomas Hitzlsperger. Und in diesem seltenen Fall ist diese boulevardeske Herangehensweise in meinen Augen die richtige.

Hitzlsperger hätte auch in Deutschland bleiben können - Eintracht Frankfurt verpflichtet Ricardo Clark, Nürnberg Ottl und Tavares, Hannover hat bis zuletzt nach Verstärkungen gesucht. Haben diese Vereine etwa weniger Geld geboten als Lazio Rom, das sportlich nun wahrlich nicht mehr zu bieten hat als genannte Vereine?

Für mich ist es ganz einfach: Einen Spieler, der zu solch einem Faschisten-Verein geht, will ich nie wieder im Trikot der deutschen Nationalmannschaft sehen. Denn auch er wird vor eben dieser faschistischen Kurve jubeln, wenn er ein Tor erzielt hat.

Von Ihnen, vor allem im Auftrag der SZ, hätte ich deshalb einen noch kritischeren Blick erwartet.

Denn die Entschuldigung, dass das Stadion eh nie voll ist, können sie nicht ernst meinen.

Mit freundlichen Grüßen,

Swen Thissen

Maxwithoutsam hat gesagt…

Sicherlich habe ich es nicht nötig, für Frau Schönau eine Lanze zu brechen. Sie ist um einiges näher am Tagesgeschehen und schildert in ihrem Artikel genau, wie sich die Situation zum Teil verbessert hat, gerade weil Lazios Präsident sich gegen die Ultras stellt. Das mag zwar nicht an ihrer politischen Haltung, sondern an ihrem Drang nach Macht innerhalb des Vereins liegen, doch für mich, der jedwede xenophobe und rechtsgerichtete Tendenz verabscheut, ist dies als positiv zu bewerten.
Die Curva Nord mag durch viele rechtsgerichtete Gestalten infiltriert worden sein, was in Italien in den Achtzigern systematisch durch faschistische Gruppierungen in den Stadien betrieben wurde, da diese in den Schulen keinen Nährboden vorfanden, doch deren Macht schwindet. Wie Frau Schönau auch deutlich macht, war und ist die Mehrheit der Fans nicht rechts. Genausowenig wie es der Verein selbst ist. Wenn dann ist sein Image verseucht. Der junge Franzose mit senegalesischen Wurzeln Mobido Diakité, der bei Lazio zur Stammkraft avanciert ist, sei als Beispiel genannt für den wünschenswerten Beispiel bei den "biancocelesti". Zwar ist der Transfer des jungen Israeli nach Rom geplatzt, aber auch von einem Hitzelsperger erhoffe ich mir das richtige Engagement, um die Situation zu verbessern. Ein "Hammer" gegen Rechts kann da nicht schaden.

juventus43 hat gesagt…

Ist es cool wenn Livorno-Fans einen Mann feiern, der den demokratisch gewählten Ministerpräsidenten attackiert.
"Tartaglia ist einer von uns" wurde skandiert.
Hat irgend jemand Angst vor Livorno?
Würde es jemand diskutieren, wenn irgend ein deutscher Kicker dort spielt?
Das linke Auge ist bei euch Deutschen zwar nicht blind, aber ein kleiner Sehfehler macht sich manchmal schon bemerkbar
Liebe Grüsse aus Österreich
Leo Bachinger

birgit schönau hat gesagt…

Lieber Swen,

vielen Dank für Ihren Kommentar.
Dass die BILD-"Zeitung" Hitzlsperger die Grechtenfrage stellt, finde ich ziemlich apart. Zumal dieses Blatt sich bislang nicht mit Themen wie Rechtsextremismus im italienischen Fußball befasst hat.
Für mich ist das hingegen seit einigen Jahren (12, um genau zu sein) mein fast schon tägliches Brot. Ich habe die Anführer der Irriducibili interviewt, sie haben mich im Gegenzug bedroht. Wie andere Kollegen auch (nicht die von BILD). Ich habe Herrn Lotito getroffen und bin weit davon entfernt, ihn für die Speerspitze des modernen Fußballs zu halten. Im Gegenteil - ich glaube, die Leute, die derzeit in Rom das Sagen haben, brauchen diese Schmuddelkinder in den Kurven nicht mehr. Und ich kann Ihnen versichern: Die Irriducibili sind entmachtet. Es stimmt einfach nicht, dass sie noch Tickets für Spiele bekommen.
Ich weiß nicht, welche Gründe Hitzlsperger bewogen haben, zu Lazio zu wechseln. Aber ich habe manchmal das Gefühl, dass man in Deutschland lieber nicht wahrnehmen möchte, dass sich im italienischen Fußball auch etwas ändern kann. Letzten Donnerstag war ich im Stadion, bei Roma-Udinese. Die Roma-Kurve, die leider fast ebenso rechts ist wie die von Lazio, zeigt heute keine Fascho-Spruchbänder oder Keltenkreuze mehr. Es gibt Kontrollen an den Stadiontoren - und die funktionieren sogar. Ich möchte hoffen, dass es auch so bleibt. Ich meine, die Probleme im calcio sind immer noch groß genug. Aber man muss schon versuchen, differenziert darüber berichten.

birgit schönau hat gesagt…

....ach und Juve 43: Sie haben vollkommen Recht. Ich finde die Kurve von Livorno mit ihren Sprüchen lustig und die Faschos bei Lazio, Roma und Juve gruselig. Deshalb fühle ich mich kein bisschen blind. Faschistische Symbole sind auch in Italien gesetzlich verboten - und in Deutschland reagieren wir auf so etwas mit gutem Grund sehr empfindlich. Obwohl in einem Teil unseres Landes im Gegensatz zu Italien tatsächlich über Jahrzehnte die Kommunisten regiert haben.
Ich finde, dass Berlusconi demokratisch gewählt wurde, hebt ihn weder über die Gesetze noch über jegliche Kritik. Ich finde auch, dass Berlusconi demokratisch gewählt wurde, macht es nicht wirklich besser.

Swen hat gesagt…

Liebe Birgit,

danke für die Antwort.

Ich möchte nur noch einmal betonen, dass dies nicht als Angriff gegen Sie oder als Parteiergreifung für die Bild gemeint war. Natürlich nicht.

Ich hatte mir einfach, bei aller Differenzierung, ein klein wenig mehr Kritik bzw. Hinterfragung des Wechsels gewünscht. Zumal ich, der Verwandtschaft sei Dank, auch einigermaßen nah dran bin am italienischen Fußball, wenn auch meist nur im Norden des Landes.

Dass sich im calcio durchaus etwas verbessern kann, würde ich deshalb nie abstreiten.

Herzliche Grüße,

Swen

birgit schönau hat gesagt…

Grazie, lieber Swen.

Mit schwant, dass es Hitzlsperger mittlerweile selbst schon etwas mulmig geworden ist - spätestens nach den Krawallen am Trainingszentrum vergangenen Monatg. Obwohl sein neuer Trainer Reja ein besonnener, vernünftiger Mann ist, kann man den Druck von Piazza und Politik auf Lazio doch nicht mit den vergleichsweise idyllischen Zuständen in der Bundesliga oder in England vergleichen. Insofern haben Sie natürlich vollkommen Recht - der Wechsel zu diesem Zeitpunkt nach Rom erscheint auch mir ziemlich riskant. Herzliche Grüße!