Samstag, 26. Dezember 2009

Fußball in L'Aquila

In diesem Jahr eine Weihnachtsgeschichte aus dem Erdbebengebiet in den Abruzzen.

Dienstag, 22. Dezember 2009

"Kaufe uns Tartaglia"

Die Fankurve im toskanischen Livorno ist eine der letzten roten Bastionen im italienischen Fußball. Als es am Sonntag gegen Sampdoria Genua ging (3:1), sangen die Fans von Livorno: "Tartaglia ist einer von uns" und "Präsident, kaufe uns Tartaglia!" Tartaglia heißt der psychisch gestörte Mann, der Silvio Berlusconi ein Mailänder-Dom-Souvenir ins Gesicht geschlagen hat, worüber sich Italien nachhaltigst empört, während die Klima-Konferenz in Kopenhagen kein Schwein interessierte. Was juckt uns das Weltklima, wenn unser Regierungschef leidet?
Jetzt empört man sich über die Fans von Livorno und Innenminister Maroni droht harte Strafen an. Die Gesänge für Tartaglia will er genauso ahnden wie das Gegröle anderer Kurven gegen den schwarzen Inter-Spieler Balotelli. In beiden Fällen handele es sich um Rassismus und Anstachelung zur Gewalt.

Montag, 21. Dezember 2009

Il bello del calcio XIII

Und so feiern wir Weihnachten nach dem 2:0 gegen Parma auf dem 4. Platz. Wer hätte das gedacht? Sicher nicht der Taxifahrer, der auf sein Gefährt den Schriftzug "Rosella hau ab!"geklebt hat, gesehen gestern am Largo Argentina mitten in Rom. Rosella ist Rosella Sensi, die Klubpräsidentin.

Sonntag, 20. Dezember 2009

Silenzio!

Stille, das ist es doch, was die Welt braucht. Vielleicht auch nur ich. Jedenfalls fiel mir heute morgen auf, dass man als moderner Mensch in kaum einem Winkel unseres Planeten vor Störgeräuschen sicher ist. Nehmen wir zum Beispiel Kunstausstellungen. Früher herrschte vor den Bildern religioso silenzio (religiöse Stille, jedenfalls in der verklärten Erinnerung). Heute stehe ich vor den wunderbaren Fresken aus Pompeji, die gerade in den Scuderie del Quirinale gezeigt werden. Und neben mir, hinter mir ertönt eine seltsam metallische Quakstimme. Die Quakstimme kommt aus den Audio Guides, die neuerdings fast alle Ausstellungsbesucher im Ohr haben, weil sie sich offenbar nicht mehr trauen, einfach und ohne Anleitung ein paar Bilder anzuschauen. Sie trauen ihren eigenen Augen nicht, sondern brauchen zu dem, was sie sehen, eine prompte Erklärung. Ein Phänomen, das jeden denkenden Menschen zum Kulturpessimismus verleiten muss aber darum geht es mir gar nicht.
Ich will einfach nur meine Ruhe haben.
Die Audio Guides machen aus den Ausstellungsbesuchern ferngesteuerte Figuren, in deren Ohren es andauernd quakt. Leider so laut, dass man es auch mitbekommt, wenn man selbst keinen Audio Guide hat. Ich persönlich hasse Audio Guides. Für mich ist das akustischer Terrorismus.
Ich liebe die Stille. Ich würde diese Quakerei sofort verbieten. Aber auf mich hört ja keiner.

Freitag, 18. Dezember 2009

Köchin Donna

Im Tagesspiegel lese ich über Donna Leons neues Kochbuch. Und wundere mich. Frau Leon, die in ihrer Küche ein Kürbisrisotto kocht (eine der kinderleichten Übungen der italienischen Hausfrauenküche), erklärt unumwunden, dass sie weder ein zartes Kaninchen oder einen saftigen Braten anrührt noch Wein, denn der "macht müde." Und Fisch ungern. O Mamma mia! So kann es gehen: ein paar Millionen Euro verdient und trotzdem nie was Reelles im Glas und auf dem Teller. Genauso freudlos lesen sich ihre Krimis, die aus gutem Grund niemals in Italienische übersetzt worden sind. Weil sie nicht auf der Straße erkannt werden möchte, sagt bescheiden Frau Leon. Weil es die Italiener gruseln würde, sage ich. So lieblos wie sie ihr Kürbisrisotto rührt, mantscht sie Venedigklischees zu Büchern zusammen.
Nein, ein Kochbuch von Donna Leon ist für meinen Geschmack jetzt einfach mal zuviel.

Montag, 14. Dezember 2009

Am Tag danach...

...sieht es so aus, als wenn die Opposition Berlusconi das Gesicht zerfetzt hätte. Alle regierungskontrollierten Medien inklusive der RAI reden von einem "Klima des Hasses", das den Anschlag hervorgebracht hätte und verweisen mehr oder weniger direkt auf die Verantwortlichen dafür: Berlusconis Gegner natürlich. Die Tatsache, dass der Täter ein Kranker ist, verschwindet vollkommen in der Versenkung.

Sonntag, 13. Dezember 2009

Berlusconis Gesicht...

...getroffen von einer Miniatur des Doms von Mailand. Die Bilder des blutenden Ministerpräsidenten sind um die Welt gegangen. Natürlich ist Gewalt keine Lösung, man sollte Berlusconi nicht schlagen, sondern abwählen und das ewige Gerede über "diese Linke, die man nicht wählen kann", können wir schon lange nicht mehr hören. "Diese Linke" nicht - aber Berlusconi ja? Der Missetäter von Mailand hat offensichtlich psychische Probleme aber wir können uns jetzt schon vorstellen, wie Berlusconis Medien den Vorfall ausschlachten werden.
Dabei ist Berlusconi alles, nur kein Opfer. Wer Wind sät, wird Sturm ernten und Berlusconi sät Gewalt. Sein Weltbild ist voller Feinde, täglich werden es mehr. Die Richter und Staatsanwälte, das Verfassungsgericht, der Staatspräsident, die ausländischen Journalisten: alles Feinde Berlusconis und Feinde Italiens. Das ist für ihn nämlich dasselbe und wer Italiener ist, bestimmt sowieso er. Berlusconi hat Italien gespalten in gute und schlechte Italiener. Wer für ihn ist, ist ein guter Italiener, alle anderen arbeiten nicht gegen ihn, sondern gegen das Land. Der Vorfall von Mailand zeigt, was ein solches Klima der Gewalt auslösen kann.
Gerade komme ich von einer Reise nach Venetien zurück, angestammtes Lega-Nord-Land, es ist schwer, jemanden zu treffen, der nicht für diese Regierungsmehrheit gestimmt hat. Und doch: Die Leute haben die Nase voll. Sie fühlen sich von der Lega Nord verraten und von Berlusconi lächerlich gemacht. Ich glaube, dass Berlusconi das unterschätzt: Die Italiener wollen vor der Welt nicht wie Clowns dastehen. Oder wie Verführte. Jedenfalls wie Leute, die nicht bis drei zählen können. Das erregt auf die Dauer sogar Aggressionen im eigenen Lager.

Dienstag, 8. Dezember 2009

Juve, welche Juve?

Povera fidanzata d'Italia...Wenn Ferrara morgen noch seinen Job hat, sollte er sich als Motto wählen: Besser ein schlechter Charakter als gar keiner.

Zürich-Milan und Juve-Bayern

Wer Spaß am Fußball haben möchte, sollte heute abend besser in die winterliebliche Schweiz schalten:
http://www.tagesanzeiger.ch/sport/dossier/alles-ueber-den-fc-zuerich/Mit-Engelsgeduld-zum-Spassfussball/story/19726876
Denn im grauen Turin wird zu gleicher Stunde vermutlich wieder gelitten:
http://www.sueddeutsche.de/,ra5l1/sport/575/496886/text/
Wer glaubt denn wirklich, dass Juventus Diego gegen Luca Toni tauscht? Toni selbst bestimmt nicht. Der möchte eher nach Florenz.

Sonntag, 6. Dezember 2009

Roma - Lazio 1:0

70 Minuten grottenschlecht spielen (außer Julio Sergio, wunderbarer Flipper-Torwart, Held des Abends), zittern und bibbern, vor sich hin dösen, manchmal sogar schnarchen, dass die Tribünen wackeln und dann kommt Marco Cassetti, dieser launige No-Name mit seinen lächerlichen Kraftschüssen, macht irgendwie das 1:0. Und die sorci laziali gehen leer aus, sind 95 Minuten gerannt wie die Blöden, hatten ein gutes Dutzend Chancen (wir: genau zwei) und jede Menge Benzin, um dann total unverdient zu verlieren und 11 Punkte und zehn Plätze hinter uns zu liegen. Wir hingegen, glückliche Diebe des Derbys, riechen die Champions-League...Grazie Roma!

Freitag, 4. Dezember 2009

Il bello del calcio XII

Während ich bei Claudio animelle coi piselli aß (Lammbries mit Erbsen, ein Essen, für das sich das Leben lohnt), während aus der Küche immer wieder kaum verhaltene Verwünschungen und sehnsuchtsvolles Stöhnen drangen, während eine unfassbar laute Amerikanerin am Nebentisch (nur Salat) eine banale Wer-mit-wem-Geschichte nach der anderen erzählte, währenddessen also kriegten Totti mit einem Elfmeter und Vucinic die Qualifikation im Uefa-Cup noch hin. Und eigentlich haben wir auch schon schlimmer gelitten.

Donnerstag, 3. Dezember 2009

Schulsport all'italiana

Italien führt den Sportunterricht für Grundschulen ein. Zwei Wochenstunden, zunächst in 1000 Schulen,ab 2013 flächendeckend. Und zwar, auch das ist den Zeitungen hier eine Meldung wert, mit ausgebildeten Sportlehrern. Grundschulsport ab 2010, die Olympia-Funktionäre jubeln. Nun, besser spät als nie. Aber wie weit Italien dem Rest Europas hinterher hinkt, sieht man auch an solchen Beispielen.

Sonntag, 29. November 2009

Juve-Krise

Eigentlich bin ich kein bedingungsloser Anhänger der Theorie, dass Mannschaften immer genauso sind wie ihr jeweiliger Trainer. Da würden mir auf Anhieb zu viele Gegenbeispiele einfallen. Aber Juventus sah beim heutigen 0:2 in Cagliari schon ziemlich genau so aus wie Ciro Ferrara. Eine Mannschaft, die die Stirn in Falten legt und sich dauernd am Kopf kratzt. Eine Mannschaft, die noch gar keine Mannschaft ist, weil Ciro Ferrara selbst noch gar nicht glauben kann, dass er der Trainer von Juventus geworden ist. So wie Horst Köhler am Anfang als Bundespräsident. (Wobei diese beiden Ämter natürlich nicht zu vergleichen sind, schon klar). Ciro Ferrara jedenfalls ist Sonntag für Sonntag und Mittwoch für Mittwoch so dermaßen überrascht, sich selbst als Juve-Trainer auf der Bank sitzen zu sehen, dass ihn das vollkommen lähmt. Menschlich absolut nachvollziehbar, mir würde es ja genauso gehen. Die Mannschaft aber will Anweisungen. Und dann guckt Ferrara auf den Platz neben sich, sucht Lippi, so wie früher bei der Nationalelf, und Lippi ist nicht da. Ein bisschen wie junge Mütter, die die ersten Tage mit ihren Kindern zu Hause sind und sich dabei ertappen zu denken: Wann kommt denn endlich die Mamma und holt sie ab?

Freitag, 27. November 2009

Bavaria

Über den Wechsel (?) beim FC Bayern ist eine Menge geschrieben worden, das mit Abstand schönste und heiterste Stück heute auf der SZ-Seite Drei von Holger Gertz. Leider heute morgen noch nicht im Netz, aber manchmal muss man halt Papier kaufen, um so etwas wunderbar Leichtes schwarz auf weiß zu besitzen, zumal es noch mit dem berühmten Beckenbauer-im-Pelz-Foto garniert ist. Alles natürlich ein bisschen nostalgisch. Und weil heute auch in Rom ein grauer Bad-Hair-Day ist, habe ich es beim Friseur gelesen. Der kommt aus Torre Annunziata bei Neapel und wollte nicht über Fußball reden, sondern über deutsches Kino. Seufz (zum Glück hatte ich heute Nacht noch mal die Blechtrommel gesehen, samt Schlöndorffscher Erklärung der Geburtstagskanal-Szene mit einem Kasten voller roter Lappen). Nun, auf römische Friseure ist, ehrlich gesagt, schon länger kein Verlass mehr. Auf Gertz zum Glück schon.

Mittwoch, 25. November 2009

Ma Mou!

Es ist schon bemerkenswert, mit welchem Bronzegesicht José Mourinho nach dem 0:2 gegen Barcelona erläutert, dass seine Mannschaft eben "noch nicht" mithalten kann mit dem Team von Guardiola. Der, das nur nebenbei, noch nicht mal ein Fünftel des Gehalts bekommt, das sich der Portugiese von Inter zahlen lässt. Seit anderthalb Jahren behauptet Mourinho, es obliege nicht seiner Verantwortung, dass Inter international nicht mithalten kann. Der Mann ist auf seine Weise genial, eine Fleisch gewordene Kopernikanische Wendung: Es existiert nur, was ich wahrnehme. Und was ich nicht sehen will, das gibt's auch nicht.
Moratti wird ihn schon nicht in die Wüste schicken. Schließlich hat er schon Mourinhos Vorgänger Mancini den Vertrag zu erfüllen, jährlich fünf Millionen bis 2010. So frisst der italienische Feudalherrenfußball sich selbst und die Fans wenden sich mit Grausen. Wie's besser geht, zeigt der AC Florenz. Der gehört einem Luxusschuster, der im Unterschied zu den Morattis noch was werden will. Er lässt seinen Trainer Cesare Prandelli gewähren - und siehe da: In derselben Zeit, die Mourinho bei Inter hatte, schafft es Prandelli, aus einem jungen, talentierten aber unerfahrenen Team eine Mannschaft zu formen, die souverän ins Achtelfinale kommt - auch ohne ihren besten und international versierten Spieler Mutu.

Sonntag, 22. November 2009

Il bello del calcio XI

Grandissimo Totti. Neun Tore in acht Spielen, er spielt nur die Hälfte und führt doch die Torschützenliste. Heute macht er drei gegen Bari, (die Partie endet 3:1), hier ist das schönste:

Dienstag, 10. November 2009

...der mondo infame

Vielleicht kann man außerhalb von Rom nicht verstehen, warum wir dieses Lied so lieben. Aber das macht nichts.

Montag, 9. November 2009

Hautritzungen

Gestern abend war ich bei einer Geburtstagsparty. Und zwar während Inter - Roma 1:1, es gab noch nicht mal einen Fernseher aber man tut ja Menschenmögliches und -unmögliches für einen treuen, alten Freund, der nie im Leben den Sportteil lesen würde, sonst aber ein wahrer signore ist. Außerdem hatte ich, was Mailand anging, mit dem Schlimmsten gerechnet. Ich behielt also für mich, dass ich öfter zu den Kids nach Hause simste, die sich brav erst ein paar Hoeneß-Rostbrastwürstchen brieten und sie dann tapfer vor der Übertragung vertilgten.
Bis Fabrizio eine Debatte über Tätowierungen eröffnete. Wieso tätowieren sich diese Fußballer alle, fragte Fabrizio. Warum machen die das? Selbstzerstörungswahn? Männliches Gegenstück zu Schlauchbootlippen? Guck dir Matarazzi an. Totti. Cassano. Oder Beckham! Die sind alle tätowiert bis zum Gehtnichtmehr. Stell dir die mit 50 vor, wenn diese Hautmalereien alle schrumpeln. Fabrizio arbeitet bei der Gewerkschaft der italienischen Fischer und Fußballer sind nicht sein tägliches Brot. Er kam richtig in Fahrt. Er machte sich ernsthaft Sorgen.
Irgendwann verschwand er mit ein paar anderen im Bad und kam mit einem angemalten Schnurrbart wieder. Andere Gäste hatten auf einmal dicke Brauen und das Geburtstagskind hatte auf einmal eine schwarze Haartolle. Sah aus wie tätowiert aus, konnte man aber wieder abwaschen.

Sonntag, 25. Oktober 2009

Basso Impero

Ein Politiker der Mitte-Links-Oppositionspartei PD lässt sich Anfang Juli von seinem Chauffeur in seinem Dienstwagen in die römische Via Gradoli fahren - an dieselbe Adresse, die in Italien traurige Berühmtheit erlangte, weil die Roten Brigaden hier den von ihnen entführten Christdemokraten Aldo Moro gefangen hielten. Der Politiker, der sich in die Via Gradoli chauffieren lässt, ist Piero Marrazzo, Präsident der Region Latium. Einer der wichtigsten Regionalfürsten Italiens, vergleichbar mit dem Ministerpräsidenten eines großen Bundeslandes. Marrazzo ist in einer Wohnung an der Via Gradoli mit einem Transsexuellen aus Brasilien verabredet. Es ist nicht das erste Mal, es sind die Wochen, in denen die Welt über die Eskapaden von Silvio Berlusconi spottet. Marrazzo wird erwischt. Er ist gefilmt worden, später wird er von vier Carabinieri mit angeblich sogar mehreren Videos erpresst. Gestern tritt er zurück, ein gebrochener Mann: "Ich sorge mich jetzt nur um meine Familie." Ach ja, die Familie!
Darum soll es hier nicht gehen. Sondern darum, dass Leute wie Marrazzo, ehemals TV-Journalist, dann hinabgestiegen in die Politik, dass also Leute wie Marrazzo auch das letzte Fünkchen Vertrauen zerstören, das die Italiener in ihre Politiker haben. Wie ist es möglich, dass die Politik in diesem Land von Männern repräsentiert wird, die sich in ihren Bürozeiten bezahlten Sex verschaffen müssen und zu diesem Termin mit dem Dienstwagen fahren? Die die darauf folgenden Erpressungsversuche (von Carabinieri!) nicht anzeigen? Die ernsthaft glauben, die Sache käme nicht ans Tageslicht? Dieselbe Opposition, die in diesem Sommer Berlusconi wegen seiner Partys mit Prostituierten kritisierte, hat solche Provinzfürsten in ihren Reihen.
Die Macht verschleißt den, der sie nicht hat, wusste schon Giulio Andreotti. Diese Mächtigen verschleißen das Land, weil sie glauben, es zu besitzen.

Sonntag, 18. Oktober 2009

Der talentierte Mister Stankovic...

...und sein unglaubliches 3:0 (beim 5:0 Inter-Genoa):

Mittwoch, 14. Oktober 2009

Fast-Blamage

"Italien blamiert sich fast", schreibt sueddeutsche.de, "Gilardino rettet Italien vor der Blamage", barmt die Agentur. Manchmal habe ich das Gefühl, diese Einschätzung ist typisch deutsch. Kein Spanier, kein Engländer, kein Franzose, kein Russe käme auf die Idee, diese Fast-Blamage-Nummer wieder und wieder zu bringen, diesmal sogar bei einem 3:2-Sieg. Jawohl, SIEG! Zypern war mit 2:0 in Führung. Blamage! Superpeinlich! Weltmeisterunwürdig! Dann kamen drei Tore von Gilardino und für die Deutschen war die Fast-Blamage perfekt. Fast-Blamage ist aber wie quasi-gol, Fast-Tor. Oder muss man sich peinlich berührt fühlen, wenn man den Gegner aus der Amateurliga nicht so großzügig und außerordentlich fair mit 13 Toren abschlachtet wie die deutsche Elf vor ein paar Jahren den Fußballzwerg San Marino? Mein Verdacht ist: In manchen Redaktionen liegen neben "Italien" und "Weltmeister" einfach noch ein paar Begriffe in der Schublade, die die dort versammelten Sprachkünstler beliebig herausgreifen und kombinieren können. Kleine Auswahl: "Weltmeister am Abgrund", "Weltmeister in der Krise", "Blamage für den Weltmeister", "Weltmeister im Chaos", "Italien deklassiert." Passt irgendwie immer oder?
Ich meine, es gibt genug Dinge, die Italiener im Moment ein bisschen peinlich finden. Die Fußball-Nationelf gehört aber nicht unbedingt dazu. Wieso auch? Und dass sich die Deutschen dauernd für italienische Fast-Blamagen fremdschämen, das geht wirklich ein bisschen zu weit.

P.S. Ich sehe gerade, dass Spiegel.de auch das deutsche 1:1 gegen Finnland "peinlich" findet. Dio mio, wie kriegt man diesen verkrampften Wichtigtuer-Ton aus dem deutschen Sportjournalismus heraus? Von Leuten, die dafür bezahlt werden, ins Stadion zu gehen und Fußball zu gucken! Löw ist qualifiziert, qualifiziert, qualifiziert. Schon klar, für euch, werte Kollegen, war es wieder einmal harte Arbeit. Aber für die Spieler war es ein Freizeitkick, Leute. Wir können uns aber von hier aus gern auch mal für euch fremdfreuen.

Nostalgia

Bei der Arbeit in anderen Zusammenhängen fand ich diese Szene. Wer erinnert sich daran, mit welcher Sorgfalt Marcello zuerst das Glas Milch abgestellt hat?

Sonntag, 11. Oktober 2009

Heute beim Zeitungshändler...

...in einem kleinen, umbrischen Dorf. Links neben dem Eingang war über Nacht eine Pinwand aus Kork aufgehängt. Eine Art Schaukasten mit Immobilienangeboten. Und zwei Artikeln der rechten Kampfzeitung "Libero." Der eine beschrieb, wie man es anstellen kann, keine Gebühren für das Staatsfernsehen RAI zu bezahlen. Die RAI macht Berlusconi im entferntesten Sinne Konkurrenz.
Der andere Artikel im Schaukasten des Zeitungshändlers hetzte gegen den Fernsehjournalisten Michele Santoro. Not my favorite aber immerhin einer der wenigen, der es wagt, Silvio Berlusconi zu attackieren. In seiner letzten Sendung hatte Santoro Patrizia D'Addario eingeladen, jene Hure aus Apulien, die mit Berlusconi eine Nacht verbracht hat, für die sie nie bezahlt worden ist. Auf diese Art von Information könne Italien verzichten, steht im Schaukasten des Zeitungshändlers. Und deshalb müsse Santoro weg vom staatlichen Bildschirm.
Ein Zeitungshändler gegen die Informationsfreiheit. Das ist Italien. Mir dämmerte jetzt, warum in seinem Laden die großen, unabhängigen Tageszeitungen wie Repubblica, Corriere della Sera und Stampa ganz oben auf dem Ständer stehen, unerreichbar für durchschnittlich große Menschen. Auf Augenhöhe hingegen die Berlusconi-Presse.
Nein, man hat hier niemals seine Ruhe. Ich muss meine Zeitungen fortan im Nachbarort kaufen. Und beten, dass dort niemand auf die Idee kommt, seinen Schaukasten aufzuhängen.

Donnerstag, 8. Oktober 2009

Bella Italia...

...oder: Neapel ist besser als alle Klischees: http://www.zeit.de/2009/42/Neapel?page=all

Donnerstag, 1. Oktober 2009

Piccoli Inzaghi crescono

Doch, Buffon hat gehalten und Juve feierte das 0:0 als Erfolg. Ach, wie sich die Zeiten ändern! Und dann das hier. Milan-Zürich 0:1. Mit einem Tor, als wäre es von Inzaghi. Eckball, Hacke, Treffer:

Montag, 28. September 2009

Schaut auf diesen Mann...

denn ihn, vielleicht nur ihn allein muss der FC Bayern am Mittwoch besiegen.
http://www.sueddeutsche.de/,ra5m1/sport/11/489398/text/

Montag, 21. September 2009

Il bello del calcio X

Wir haben es ja schon nicht mehr für möglich gehalten: Roma - Fiorentina 3:1. Auf der Bank saß Claudio Ranieri aber auf dem Platz spielte die Roma von Luciano Spalletti. Ach, das könnte auch so weiter gehen. Womit allerdings Schluss sein muss, das ist die unerklärliche Toleranz für die üblichen Idioten in der Südkurve, die gestern wieder Rabatz mit Feuerwerkskörpern machten und "Ehre den neun von Basel" grölten. Gemeint waren nicht die Wusels, die in Basel 0:2 gespielt hatten. Sondern die Krawallbrüder, die sich mit der eidgenössischen Polizei anlegten und deshalb verhaftet wurden. Aber was soll man sich aufregen, wenn in Neapel der STADIONWART auffliegt, weil er in einem Lager UNTER DER KURVE 200 Kilo Schall und Rauch deponiert hat? So sitzen die Krawallskis der Serie A direkt an der Quelle.

Montag, 14. September 2009

Neues aus Berlusconistan

Der für morgen geplante Polit-Talk "Ballarò" im dritten RAI-Programm wird verschoben, weil im 1. Programm die Übergabe der ersten Wohnungen für die Erdbebenopfer in L'Aquila gezeigt werden soll. Erdbeben und Wiederaufbau war ursprünglich auch das Thema für "Ballarò", eine der wenigen gut gemachten Politiksendungen im staatlichen Fernsehen. Nur hätte "Ballarò" keinen Propagandaspot daraus gemacht. Den zeigt jetzt der in dieser Hinsicht verlässliche 1. RAI-Kanal. Mit Berlusconi in der Hauptrolle als Schlüsseldaddy.
Sein Minister (für den Staatsdienst) Renato Brunetta hat die Streichung öffentlicher Mittel für die Filmförderung verlangt. Mit der Begründung: "Kino fällt nicht unter Kultur, sondern unter Spektakel. Der Staat subventioniert aber auch keine Pianobars oder Diskotheken." Brunetta bezeichnete die italienischen Fimschaffenden als "Schmarotzer, die vielleicht noch nie gearbeitet haben." Der Schauspieler und Regisseur Michele Placido kündigte eine Verleumdungsklage gegen den Minister an. Placido wies darauf hin, dass seine Filme nicht vom Staat gefördert seien, sondern "von dem Privatunternehmen Medusa." Das ist die größte Filmfirma im Land. Sie gehört...genau: Berlusconi.
Der Schriftsteller Sandro Veronesi ("Stilles Chaos") schrieb in einem Kommentar: "Berlusconis Feldmarescialli werfen ihre Masken ab - und dahinter sieht man die Fratze des Faschismus." Der knapp 1,60 Meter große Brunetta sei aber nur "eine Fleisch fressende Pflanze" auf Berlusconis Fensterbank.

Zitter, zitter

...und am Schluss drei Punkte beim 2:1 gegen Siena. Schön war's nicht aber wir wollen nicht zimperlich sein. Sind schließlich die ersten drei Punkte der Saison.

Sonntag, 13. September 2009

Ein Staatsbegräbnis

...für einen Fernseh-Entertainer, nach einem Berufsleben zwischen RAI und Mediaset. Im Dom zu Mailand, draußen 12.000 Leute, in Tränen aufgelöst. Drinnen, kniend, Berlusconi. Staatstrauer für einen TV-Unterhalter, irgendwie logisch in diesem Land, das sich doch längst zu Tode amüsiert hat. Das Land Michelangelos und Raffaels, Verdis und Puccinis. "Er hat mich bei der Mühe, Italien zu regieren, unterstützt", sagte Berlusconi in der Kathedrale über den toten Showmann, und wo Berlusconi Recht hat, hat er Recht. Beim Regieren unterstützt wurde er von dem Verstorbenen etwa in der Jury der Fleischbeschau "Miss Italia." Die begann gestern von Neuem, fünf Abende lang bekommt Italien auf dem ersten RAI-Kanal Beine und Busen von jungen Frauen zu sehen, die nach dem Wettbewerb im Fernsehen landen werden oder in der Politik oder in beidem.

Freitag, 11. September 2009

No, Grazie

Rosella Sensi sträubt sich nicht nur, die Roma zu verkaufen - aus Gründen, die ich hier aufzulisten versuche:
http://www.sueddeutsche.de/,tt6l3/sport/635/487045/text/
Nein, sie hat auch ernsthafte Pläne für ein neues Stadion. Das Stadion, ganz für die Roma, soll irgendwo an der Via Aurelia gebaut werden, in der Nähe der Stadtautobahn und ungefähr 100 Kilometer entfernt von der nächsten Metrohaltestelle. Was kümmert es die Klubpräsidentin, wie die Tifosi ins Stadion kommen? Wer über fehlende Busse klagt, soll sich einen Chauffeur nehmen, ungefähr so denkt Rosella-Marie Antoinette. Die gleich neben der Arena auch noch einen künstlichen See anlegen will, wie weiland Nero, an der Stelle steht dann heute das Kolosseum. Im Kleingedruckten kann man dann lesen, was Rosella nebenan baut. 3000 Wohnungen. Drei-tau-send! Auch für Leute mit eigenem Auto natürlich, aber das ist wirklich nicht ihr Problem.

Donnerstag, 10. September 2009

Berlusconi und die Kritiker

"Lest keine Zeitungen, seht lieber fern. Im Fernsehen kann man keine Wörter verbiegen!" Also sprach der Meister. Alles Strategie:
http://www.zeit.de/2009/38/Berlusconi

Montag, 7. September 2009

Help!

Heute morgen sagt Silvio Berlusconi, die Bedrohung der Pressefreiheit in Italien sei ein "Witz, den Kommunisten und Katho-Kommunisten erzählen." Denen gehörten ja auch 90 Prozent der Zeitungen. Und wo gehören die wohl hin? Und warum sieht, verdammt nochmal, das Ausland nicht hin?

Samstag, 5. September 2009

Georgien-Italien 0:2. Oder 2:0?

Das ist Kakhaber Kaladze. Er spielt (immer seltener) für den AC Mailand und für Georgien. Heute abend entschied er ganz allein das WM-Qualifikationsspiel Georgien-Italien. Als tragischer - ja, was? Held? Als Tragöde in der Hauptrolle jedenfalls. Denn Kakha Kaladze erzielte zwei Tore. Zwei Tore für Italien, beide in der zweiten Halbzeit. Wenn Kaladze ganz allein vorm eigenen Tor stand, sozusagen als einsamer Wächter vor seinem Torwart Lomaia, jedesmal also, wenn solches geschah und einer der Italiener den Ball in seine Richtung fliegen ließ, nagelte Kaladze ihn herein. Zuerst mit dem Kopf, dann, sehr entschlossen, mit dem rechten Fuß. Lomaia war machtlos. Das Publikum sprachlos.
Kaladzes Tore blieben die einzigen. Italien gewann 2:0. Nichts besonderes in der Statistik, in den Annalen des Weltfußballs: Großer schlägt Kleinen, klar und eindeutig. Für Kaladze ein Drama. Wer weiß, wie oft er heute nacht von diesen beiden Toren träumt!
http://www.sueddeutsche.de/,tt8l2/sport/223/486636/text/

Freitag, 4. September 2009

Gaddafi und Milan

Nachdem Herr Gaddafi die Schweiz in drei Teile zerlegt haben wird (his own words), weil die Schweizer Polizei die Unverschämtheit besaß, seinen Sohn Hannibal wegen Mißhandlung des tunesischen Hauspersonals festzunehmen - nachdem also die Schweiz, vermutlich auch unter dem Applaus des Bundesfinanzministers, von der Landkarte getilgt worden ist, kauft Gaddafi den AC Mailand. Vielleicht, angeblich, möglicherweise. Berichtet heute "La Repubblica." Ich weiß, dass ich mit diesen neuen Gerüchten neuen Unmut unter der verehrten Leserschaft erregen werde - aber Leute, so sieht es hier aus. Gaddafi wurde auch schon als neuer Besitzer von Juve (da hat er immerhin ein paar Prozent) und Roma (um die verhandelt jetzt ein Groß-Pillendreher) gehandelt. Eigentlich könnte man ihm gleich ganz Italien verkaufen aber vielleicht dreht Berlusconi ja schon daran. B. hat Milan ganz offentlich satt, er will da nicht mehr reinbuttern, vor allem, seitdem die dauernd verlieren. Außerdem kann er für einen Kakà zehn Feltris kaufen. Feltri ist der neue Chefredakteur von Berlusconis Zeitung "Il Giornale", der einen Berlusca-Kritiker nach dem anderen zum Abschuss freigeben wird. Der erste auf seiner Liste war der Chef der Bischofszeitung und Feltri hat ihn schon erlegt. Nein, dieser Mann wird keinen an den Pfosten setzen!

Mittwoch, 2. September 2009

Ranieri hat begonnen

Luciano Spalletti hat gekündigt, Claudio Ranieri heute angefangen als Roma-Trainer.
Spalletti hatte die Nase voll. Mit ihm spielte die Roma zeitweise den besten Fußball der Serie A, leider hat sich die Klubführung im letzten Jahr als ziemlich unterklassig erwiesen. Der Trainer, in Roma wegen seiner Glatze "er pelata" genannt, verabschiedet sich unter Verzicht auf alle Gehaltsansprüche. Ein echter Gentleman, der Spalletti, vielleicht weiß er auch genau, dass es nichts mehr zu holen gibt. Ranieri hat auch sehr gute Manieren. Er stammt aus dem Viertel Testaccio, wo die Roma gegründet wurde. Eigentlich beste Voraussetzungen aber ich bin nicht sicher ob das reicht. Die Roma brauchte nicht unbedingt einen neuen Trainer. Sondern ein paar neue Spieler und dafür dringend einen neuen Eigentümer.

Sonntag, 30. August 2009

quod erat demonstrandum

Nein, ich bin immer noch kein Inter-Fan.
http://www.sueddeutsche.de/,ra5l1/sport/439/485860/text/
Aber mit Eto'o und Milito sind sie wirklich um Klassen besser als letztes Jahr.
Dass die Roma 1:3 gegen Juve verloren hat, ist ein bisschen übertrieben. Der entscheidende Unterschied: Diego. Nicht nur wegen der zwei Tore. Und mal ehrlich: Musste die Roma wirklich letzte Woche im Uefa-Cup sieben Tore sieben (drei von Totti) gegen eine Mannschaft verschwenden, deren Name ich schon wieder vergessen habe? Da wurde uns ja schon ganz mulmig zumute. Mit der 7 muss man vorsichtig sein. Q.e.d.

Freitag, 24. Juli 2009

Stürmertausch

Ich werde wahrscheinlich in diesem Leben kein Inter-Fan mehr, aber ich glaube, dass Inter beim Tausch von Ibrahimovic gegen Eto'o den besseren Deal gemacht. Natürlich beides große Diven, aber der Kraftfußballer Ibra wird sehr viel weniger zu Barcelona passen als Eto'o zu Inter. Ich kann mir den Schweden bei Barca gar nicht richtig vorstellen. Eto'o hingegen wird diesem Nussknackergekicke bei Inter endlich ein wenig Leichtigkeit verleihen. Auf seine Dramen mit Mourinho freue ich mich außerdem jetzt schon. Totgesagte leben länger, das gilt vielleicht auch für die Serie A. Moratti hat 50 Millionen kassiert, das gab's noch nie. FC Bologna ist von einem albanischen Erdölunternehmer gekauft worden, auch in Sachen ausländische Investitionen tut sich also was. Nur den AS Rom will keiner haben. Der letzte Aquirent hat sich selbst mit der wahnsinnig intelligenten Bemerkung aus dem Rennen geworfen: "Totti ruiniert die Roma." Wer so wenig von Fußball versteht, sollte lieber keinen Klub kaufen.

Dienstag, 21. Juli 2009

La Juve

Was erwartet Diego bei Juventus?
http://www.sueddeutsche.de/sport/799/481272/text/
Und im übernächsten Jahr ein neues Stadion.

Donnerstag, 16. Juli 2009

Benvenuto Oscar

Das ist Oscar. Er wurde heute nacht auf unserer Weide geboren, ließ seine Mutter aber bald stehen und büchste zum Nachbarn aus. Jetzt ist Oscar, geschützt vor der Hitze, im Stall. Seine Mutter ist Sardin, der Vater kommt aus Mazedonien. In unserem Dorf ist schon seit mehr als 30 Jahren kein Esel mehr geboren worden. Früher gab es jede Menge Esel in Südeuropa, inzwischen sind sie aus Italien so gut wie verschwunden. Wir haben jetzt immerhin drei!

Mittwoch, 15. Juli 2009

Ein Gerichtssaal in Italien

Arezzo, ein heißer Juliabend. Urteilsverkündung im Prozess gegen Luigi Spaccarotella, den Polizisten, der im November 2007 den Discjockey Gabriele Sandri erschoss. Sandri war mit anderen Lazio-Fans auf dem Weg zu einem Auswärtsspiel. Auf einem Autogrill-Parkplatz kam es zwischen den Laziali und ein paar Juve-Fans zu einem Gerangel. Die Römer reisten mit Messern. Sandri und seine Freunde gehörten zur Kurvengruppe "In basso a destra", rechts unten. Das alles konnte Spaccarotella nicht wissen, als er schoss. Warum er schoss, hat auch das Gericht in Arezzo nicht klären können. Wieso zückt ein Polizist die Dienstwaffe, wenn er sieht, dass sich auf einem Autobahnparkplatz junge Männer raufen? Sandri und seine Freunde wollten überdies gerade abfahren. Einige Zeugen haben vor Gericht bestätigt, dass sich die jungen Männer bereits im Auto befanden, als der Polizist auf sie schoss.
Spaccarotella bekam gestern abend sechs Jahre wegen fahrlässiger Tötung. Der Staatsanwalt hatte 14 Jahre wegen Totschlags gefordert. Schon während des Urteilsspruchs kam es zu Tumulten im Saal. Die Freunde des Toten beschimpften die Richter: Narren, Bastarde, Scheißkerle. Carabinieri führten sie hinaus.
Gabriele Sandris Vater kündigte an, sofort die Arbeit in der "Stiftung Gabriele Sandri" einzustellen. Die Stiftung war eine Art Fanprojekt. Der Vater Sandri äußerte außerdem, er schäme sich dafür, Italiener zu sein und er könne sich nicht vorstellen, dass sein älterer Sohn Cristian jemals wieder einen Fuß in einen italienischen Gerichtssaal setzen wolle. Cristian Sandri arbeitet als Rechtsanwalt.
Die Enttäuschung eines verwaisten Vaters ist immer verständlich. Man muss sich aber auch fragen dürfen, warum in der ersten Erregung über ein zu milde empfundenes Urteil gerade solche Sätze fallen. Und nicht andere. Das Schwurgericht in Arezzo hat sich seine Aufgabe nicht leicht gemacht. Ist die Überreaktion eines Polizisten im Dienst Totschlag oder noch fahrlässig? Das war die Frage. Im Hinterkopf hatte das Gericht: Die Atmosphäre zwischen Polizei und Ultras war seit dem Tod eines Beamten bei Krawallen um das Stadion von Catania extrem aufgeheizt. Polizisten und Stadion-Randalierer standen sich feindlich gegenüber. Wie in einem Krieg.
In der Nacht nach Gabriele Sandris Tod haben angebliche Roma- und Lazio-Ultras die Gegend um das Olympiastadion nachgerade terrorisiert, den Sitz des NOK verwüstet, Busse gekapert, eine Polizeikaserne attackiert, Müllcontainer, Mopeds und Autos in Brand gesteckt. Wie werden die Kurven auf diesen Urteilsspruch reagieren? In Rom wurden heute Nacht zwei Männer festgenommen, die Steine und Flaschen auf ein Polizeiauto geworfen hatten. Bei der Durchsuchung ihrer Wohnungen wurde das übliche Fascho-Material festgestellt, über das sich in Italien niemand mehr aufregt.
Ein Urteil wird hier übrigens erst nach der letzten Instanz rechtsgültig. Was bedeutet: Spaccarotella muss vorerst nicht in den Knast. Und der Staatsanwalt wird in Revision gehen.

Donnerstag, 18. Juni 2009

Kleopatras Rache

Ägypten gewinnt in Johannesburg hochverdient gegen Italien 1:0. Die Squadra Azzurra findet in der ersten Halbzeit überhaupt nicht ins Spiel, nach der Pause sieht sie etwas besser aus aber nie so gut wie der Afrikameister, der selbstbewusst, beharrlich und technisch sicher die gesamten 95 Minuten bestreitet. Klassischer Fall von Selbstüberschätzung der Italiener, deren Anführer Cannavaro und Buffon vor der Partie unter extremer Verachtung der eigenen Lächerlichkeit nichts Besseres zu tun hatten, als beim eigenen Publikum "mehr Respekt" für die alten Kämpen der Weltmeisterschaft einzufordern. Gähn! Von Ägypten lernen heißt: Spielen statt faseln.

Mittwoch, 17. Juni 2009

Ein Tod in Neapel

Petru Birlandeanu war 31, er spielte Akkordeon in der Metro von Neapel. Vorher war er Profifußballer gewesen, Mittelstürmer beim rumänischen Erstligaklub FC Politehnica Iaşi.
Petru verließ seinen Klub und sein Land, er ging zusammen mit seiner Frau nach Italien. Nach Neapel. Die Stadt gab ihm nichts, er lebte von Almosen, sie schlugen sich so durch.
Am Abend des 26. Mai kurz vor 20 Uhr befanden sich Petru und seine Frau am Eingang der Seilbahnstation von Montesanto mitten in der Altstadt. Es war noch hell. Vier Mopeds mit acht Männern darauf rasten gegen die Einbahnstraße. Jemand schoss. Petru sank zu Boden. Er schleppte sich dann in den Bahnhof, bis vor die Ticketschranke. Seine Frau war bei ihm, sie nahm ihm das Akkordeon ab, sie hielt seine Hand, sie schrie nach Hilfe. Als der Krankenwagen kam, war Petru schon tot. Eine Viertelstunde lang war er gestorben. Keiner der vielen Menschen in der Stazione Montesanto hatte sich ihm genähert, keiner hatte Hilfe angeboten, alle hatten einfach nur zugeschaut. Die Ambulanz kam nicht für Petru, sondern für einen 14-Jährigen Italiener, der in der Schießerei leicht verletzt worden war.
Der Tod in Neapel kann plötzlich sein, absurd und grausam. Genau wie das Leben. Dutzende Male habe ich in Montesanto die Seilbahn genommen, um nach San Martino hochzufahren. Beim nächsten Mal werde ich an einen Akkordeonspieler denken, der nie mehr Fußball spielen kann.

Dienstag, 16. Juni 2009

Il bello del calcio IX

Rossi, De Rossi, Rossi: Das versöhnt einen mit vielem.

Mittwoch, 3. Juni 2009

Wohin zieht Kakà?

Für 120 Millionen Euro wollte Berlusconi ihn nicht verkaufen, als Manchester City um Kakà warb. Jetzt geht der Brasilianer für gut die Hälfte zu Real Madrid. Oder für ein Drittel zum FC Chelsea. Entweder waren die 120 Millionen gestrunzt. (Man City hat die Summe verständlicherweise sowieso nie bestätigt). Oder Berlusca steht das Wasser bis zum Hals. Aber das wollen wir nun doch nicht glauben, so lange er es sich leisten kann, ein paar Dutzend Mädchen mit seinem Privatjet für ein nettes Weekend nach Porto Rotondo einfliegen zu lassen.

Sonntag, 31. Mai 2009

Die Roma auf der Piste

Es gibt ja immer noch Leute, die behaupten, Totti sei nicht der Schnellste. Die Sendung "Striscia la notizia" aus dem Berlusconi-Fernsehen hat jetzt den Gegenbeweis erbracht. Mit einem Starenkasten auf der Straße zum Trainingszentrum Trigoriello, äh: Trigoria.

Freitag, 29. Mai 2009

Wie hält es Italien mit der Pressefreiheit?

Dazu habe ich den Chefredakteur der großen Tageszeitung "La Repubblica" befragt:
http://www.zeit.de/2009/23/Italien-La-Repubblica

Donnerstag, 28. Mai 2009

Messi, König von Rom

Erst langsam, sehr langsam, klingt eine Fußballnacht aus, wie Rom sie schon lange nicht mehr erlebt hat. Auf meinem Fußmarsch vom Olympiastadion nach Hause sah ich Massen von seligen Barca-Fans, einige badeten in den Brunnen der Piazza del Popolo, andere in der Fontana di Trevi. Findige Neapolitaner hatten die Gunst der Stunde (das römische Bierverkaufsverbot) genutzt und verscherbelten alle erdenklichen Alkoholika, in großen Plastikwannen notdürftig gekühlt, auf der Straße. Das Stadion selbst erstrahlte in schwier unwirklichem Glanz, ein kleiner Sichelmond tat sein Quentchen dazu und über Messi muss man kein Wort zuviel verlieren. Rom kniet nieder vor Messi. Pep Guardiola sieht aus der Nähe noch mehr aus wie ein Franziskanermönch und Cristiano Ronaldo in der Garage des Olympiastadions wie ein armer Sünder, jedenfalls extrem geprügelt. Das 2:0 ging sehr in Ordnung. Mein Kollege aus England meint, Manchester sei stark gewesen. Das meinte aus mir unerklärlichen Gründen sogar mein Kollege aus Barcelona. Ich glaube, sie beziehen sich auf die ersten zehn Minuten. Danach war Manchester nicht wieder zu erkennen, eine Mannschaft ohne Drive, ohne Selbstbewusstsein, technisch (mit Ausnahme Ronaldos) den Gegnern hoffnungslos unterlegen.
Neben mir saß ein holländischer Kollege. Er war für Manchester, Journalisten sind ja eigentlich fast nie neutral und falls doch, entweder große Langweiler oder vollkommen ahnungslos. Nun, der Kollege machte zum Schluss eine wunderbare Überschrift, die aber nur auf holländisch gut klingt: Der meiste Fußball hat dieses Jahr am meisten gewonnen. Buonanotte a tutti.

Montag, 25. Mai 2009

Il bello del calcio VIII

Per chiudere in bellezza:

Sonntag, 24. Mai 2009

Ein Großer geht

Paolo Maldini. Nach fast 23 Jahren bei Milan hat er in San Siro sein letztes Heimspiel gegeben, eine fast perfekte Vorstellung bei 37 Grad. Am Spielfeldrand seine Söhne, die Maldini-Dynastie wird weiter Fußball spielen, natürlich bei Milan. Ich kenne niemanden, der über Paolo Maldini etwas Negatives sagen würde. Er gilt als fair, bescheiden, zurückhaltend. Er war ein großer aber nicht übergroßer Milan-Kapitän, einer der ganz seltenen Spieler, die auch von gegnerischen Tifosi verehrt wurden, ein Grande, der mit seinem Klub alles gewonnen hat aber mit der Nationalmannschaft nichts. Eine Nummer 3, eine Position, die keinen Schatten wirft. Maldini hat sie neu erfunden. Hat bewiesen, dass Eleganz in der Abwehr möglich ist. Seine Bewegungen, seine Gesten, werden wir alle noch in 30 Jahren erinnern. Und natürlich seine grünen Augen.
"Maldini Weltkulturgut der Unesco" stand heute in der Kurve.
Dem ist außer einer Unterschrift nicht viel hinzuzufügen. Vielleicht noch: In seinem letzten Spiel in Italiens schönstem Stadion verlor Paolo Maldini gegen die Roma mit 2:3.

Mittwoch, 20. Mai 2009

Ach, Werder,

tut mir Leid. Ohne Diego könnt ihr kein Finale gewinnen. q.e.d.
Alles Daumendrücken hat nichts geholfen - was auch nicht einfach war, denn hier, auf dem Eiland zwischen Sardinien und Korsika, kommt und geht das Signal von La7, dem Sender, der das Uefa-Cup-Finale aus Istanbul überträgt. Ehrlich gesagt, geht es eher als es kommt. Die Sarden waren aber auch für Werder, hat eine kleine, subjektive Umfrage ergeben. Sie waren andererseits emotional so ausgeglichen, dass sie während der nun zurückliegenden 120 Minuten durchaus Tintenfischsalat und Pasta mit Vongole plus Bottarga herstellten like every day, während in der Küche ein wackliger Fernsehert mit dem wackligen Signal bebte. Was lehrt uns das? Man kann ohne Fußball leben, wenn man nicht ohne Nudeln leben muss. Oder so. Übrigens hat es hier über 30 Grad, das muss der Klimawandel sein. Aber es gibt gottlob auch ein Meer. Und was für eins! Reinwerfen, untertauchen...vergessen! Luca Toni hat angeblich Werder an die Küste der Romagna eingeladen, falls sie Wolfsburg schlagen. Lasst euch nicht neppen, Jungs! Es gibt wirklich schönere Gegenden in Italien.

Dienstag, 19. Mai 2009

Arme Juve

Zuletzt hat Juventus vor mehr als 40 Jahren in der laufenden Saison einen Trainer entlassen. Und nun, zwei Spieltage vor Schluss, Claudio Ranieri. Wie ein x-beliebiger Provinzklub. Mit dem Argument, man wolle den dritten Platz retten. Die Juve hat Angst! Angst vor Siena! So heißt der nächste Gegner. Falls die Übergangslösung Ciro Ferrara dort ein 5:0 holt, wollen wir das nicht persönlich nehmen. In der Juve-Chefetage sitzen lauter Leute, die zum Fußball gekommen sind wie die Jungfrau zum Kinde. Logische Folge des Moggi-Skandals? Mit ein wenig mehr Erfahrung jedenfalls hätten sie einen gewieften Mann wie Ranieri nicht so mir-nichts-dir-nichts in die Wüste geschickt (Abfindung inklusive), nachdem sie noch vor Wochenfrist getönt hatten, der Trainer bliebe bis 2010. Juve kopflos, das ist neu, das gab's noch nicht. "Nur wer keine Ahnung von Fußball hat, kann annehmen, dass wir dieses Jahr Meister werden", hatte Ranieri schon zu Saisonbeginn gewarnt. Wie denn auch, mit dieser Abwehr? Anstatt da Verstärkung zu holen, heuerte Sportdirektor Alessio Secco, einst Pressesprecher am Hofe Moggis, Fabio Cannavaro an, der so offensichtlich am Ende seiner Karriere ist, dass sie in Madrid ihr Glück kaum fassen konnten, ihn loszuwerden.

Samstag, 16. Mai 2009

Schon wieder

Inter. Nicht, dass der 4.Meistertitel hintereinander eine große Überraschung gewesen wäre, eher schon die Niederlage von Milan gegen Udinese. Inter spielt erst morgen gegen Siena, zu Hause in San Siro, es wird wohl ein Schaulaufen von Ibra und Zanetti werden. So eindeutig, wie Inter diese Meisterschaft dominiert hat, gelang das früher noch nicht mal Juve. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt, dass die Mannschaft in den letzten 47 Ligaspielen keinen einzigen Gegenelfmeter kassiert hat. Auf der Mailänder Piazza Duomo feiern die Fans mit den Spielern, ab morgen wird man daran denken, wie die Mannschaft für die kommende Champions League verstärkt werden kann. Am Geld (die Quellen von Massimo Moratti versiegen wohl nie) soll es nicht liegen. Schon jetzt sind Inters Schulden praktisch so groß wie der Umsatz, nach normalen Regeln wäre der Klub schon pleite. Aber Moratti ficht das nicht, er bezahlt dem geschassten Roberto Mancini weiter ein fürstliches Gehalt, hat mit Ibrahimovic den bestbezahlten Kicker Europa unter Vertrag und trotzdem reden am Abend der Meisterfeier alle von weiterem Geldausgeben.
José Mourinho wird bleiben, er hat sich in Italien schnell durchgesetzt. Und lässt die maulfaule Konkurrenz noch blasser aussehen. Auch in Parma wird gefeiert, der FC Parma hat den Aufstieg in die Serie A geschafft.

Donnerstag, 14. Mai 2009

Vorbild Calcio

Ich muss jetzt mal eine Lanze für den italienischen Fußball brechen. Im Fußball geht es entgegen landläufiger Meinung nämlich besser zu als in Restitalien. Aus Deutschland bekomme ich man manchmal Interviewanfragen, die die unglaublichen Zustände im italienischen Fußball betreffen. Man wird, wenn man drei Sätze geradeaus schreiben kann und sich auch sonst nicht auffällig dumm anstellt, in Deutschland extrem schnell zum Italien-Experten, das liegt vielleicht daran, dass den Deutschen Italien immer ein bisschen unheimlich geblieben ist. Wenn ich mir angucke, wer dann so als Mafia-Insider oder als Vatikan-Experte auftritt, könnte ich mich manchmal wegwerfen vor Lachen. Und wenn ich mir vorstelle, dass ich bestimmt an irgendeiner Stelle mit dem Zusatz "Fußball-Expertin Italien" versehen werde, kriege ich dicke, dicke Dackelfalten und schäme mich. Unter den Blinden ist der Einäugige König.
Wo war ich stehen geblieben? Ach so, die Zustände. Ich finde, es ist so: Während im wirklichen Leben Vertreter einer italienischen Regierungspartei den Vorschlag machen, in der Mailänder U-Bahn Waggons nur für Einheimische bereit zu stellen, wird Rassismus im Stadion mit Bußgeld geahndet. Während sich das Parlament alle Mühe gibt, Ausländern in Italien mit immer absurderen Gesetzen das Leben zu erschweren, sind im Stadion gottseidank schon verbale Pöbeleien verboten. Während hier Minister mit einem Schwein über Moscheen-Grundstücke laufen wollten, hat der Fußballverband zu jeder Gelegenheit Rassismus verurteilt. Ja, es muss mal gesagt werden: Der Fußball ist besser als die Politik. Vielleicht liegt es ja daran, dass für den italienischen Fußball die Uefa zuständig ist. Für Italien aber fühlt sich schon lange niemand mehr zuständig.

Montag, 11. Mai 2009

Il bello del calcio VII

Wie verhalten der Kommentator Carlo Zampa geworden ist. Dabei haben wir es doch mit dem 2:2 gegen Cagliari geschafft, auf Platz 6 zu bleiben. Aber nur, weil Palermo in Siena verloren hat.

Montag, 4. Mai 2009

Fußball statt Roma

Die Curva Sud veranstaltet ein Fußballturnier vor dem Stadion. Besser nicht hingucken bei Roma-Chievo 0:0. Gewonnen haben die Fedayn gegen die Boys, beides Grüppchen, denen man und frau lieber nicht im Dunkeln begegnen möchte. In der leeren Kurve prangte ein großes Vattene. Hau ab. Es galt Rosella Sensi, der Präsidentin, die nach der Geburt ihrer Tochter zum ersten Mal wieder im Stadion war. Sie verstehe die Tifosi, hat Sensi erklärt, nachdem sie unter Polizeischutz die Arena verlassen hatte. Sie habe Respekt vor ihnen.
Vielleicht auch Angst. Der Druck zu verkaufen, wird immer größer. Rosella Sensi wurde von den Kurvenmachos noch nie ernst genommen, die Lokalradios und die römischen Taxifahrer (ein wichtiger Wahllobby von Bürgermeister Alemanno) verbreiteten die übelsten Gerüchte über sie. In der Kuve wehten deutsche Fahnen. Die Leute glauben immer noch, der Industriellenclan Flick wolle die Roma. Die Flicks haben aber schon längst dementiert. Die Hauptstadtpresse köchelt das Gerücht weiter, ohne einen einzigen Anhaltspunkt zu bieten. Außer einem mysteriösen Volker Flick, der aber vielleicht weder verwandt noch verschwägert ist, eventuelle Rechtsanwalt, vielleicht auch Käsehändler, nobody knows. Spalletti wird weggehen in ein paar Wochen, das ist schade aber unvermeidlich.
Übrigens hat das Kulturamt der Champions League verboten, vor dem Kolosseum Fußballplätze einzurichten - im Hinblick aufs Finale hätte die Uefa es wohl apart gefunden, vor der berühmtesten römischen Ruine pölen zu lassen. Ist aber nicht. Das Olympiastadion hat ja auch längst das Kolosseum abgelöst. Wenn ich Rosella wäre, würde ich zu Hause bleiben.

Sonntag, 3. Mai 2009

Sie tut es

Sie lässt sich scheiden. Grande Veronica. Noch nie sah Silvio (72) so alt aus wie heute.

Mittwoch, 29. April 2009

Die Frau vom Boss

In Italien kommen die schärfsten Breitseiten gegen den Boss nicht von seinen ausgewiesenen Gegnern, sondern von der eigenen Ehefrau. Das gilt auch für Silvio Berlusconi. Dessen Angetraute Veronica hat sich aus ihrem Schloss der Nachrichtenagentur ANSA anvertraut: Die Absicht des Gatten, Starlets aus dem eigenen Fernsehen für einen Sitz im Europaparlament kandidieren zu lassen, sei "schamloser Plunder." Dass Silvio neulich überraschend an der Geburtstagsparty einer 18-Jährigen Neapolitanerin teilgenommen habe, wundere sie, denn: "Bei seinen eigenen Kindern kam er nie zum 18., obwohl er eingeladen war." Sie und ihre Kinder seien "nicht Komplizen, sondern Opfer" der Situation. Wow. Nun, dieses Schicksal teilt Veronica B. mit einigen Millionen Italienern. Ebenso wie das, "separata in casa" zu sein, also nur noch auf dem Papier verheiratet. Aber nicht "getrennt im Haus", sondern immerhin in getrennten Häusern, Silvio hat ja eine Menge davon. Warum, so fragt man sich natürlich als Nicht-Italienerin, lässt sich Veronica nicht scheiden, wo sie doch nicht nur ihre, sondern die Rechte der Frauen im allgemeinen durch den eigenen Gatten zertrampelt sieht? Es wird ja noch nicht einmal die Fassade aufrecht erhalten - Italien hat de facto keine First Lady, weil Frau Berlusconi nie, niemals ihren Mann zu offiziellen Terminen begleitet. Zuletzt sah man die beiden zusammen vor einem Jahr, demonstrativ händchenhaltend nach einem privaten Abendessen. Ihre Gesichter ähnelten sich verblüffend, das kommt bei vielen alten Ehepaaren vor. Aber die Berlusconis sehen eher so aus, als teilten sie denselben Schönheitschirurgen. Würde Veronica Berlusconi die Scheidung einreichen, hätte das fatale Folgen für Silvio. Zum ersten Mal würde er öffentlich verlassen. Zum ersten Mal wäre sein Gewinner-Nimbus angekratzt. Die Opposition würde einen Kredit aufnehmen und dafür bezahlen.

Dienstag, 28. April 2009

Vermeidbar? Unvermeidbar

Der Italiener Giorgio Pivotti hat sämtliche Tore der EM 2008 und einiger weiterer Turniere in vermeidbar und unvermeidbar eingeteilt: http://www.youtube.com/results?search_type=&search_query=giorgio+pivotti&aq=5&oq=giorgio+Pi
Seine Theorie (leider nur auf italienisch) unter: http://www.calciatori.com/magazine1.nsf/magazine/C06F48C7AA514100C125755A006D0D8E?OpenDocument

Hausarrest

Auf eine Wand des Trainingszentrums in Trigoria sind folgende Ergebnisse gesprüht:
Roma - Inter 0:4
Roma - Juve 1:4
Lazio - Roma 4:2
Fior. - Roma 4:1
Sagte ich schon, dass diese Saison nicht die beste ab urbe condita ist ist? La Presidentessa hat es so ausgedrückt: "Ich zahle eure Gehälter. Also leistet was dafür", und der Mannschaft Hausarrest verordnet. Fünf Tage Trigoria, inklusive Verwandtenbesuch jeden Abend von halb neun bis zehn. Licht aus um elf, wie in der Jugendherberge. Angeblich haben Totti und De Rossi versucht, zu meutern. Abgesehen von der Gardinenpredigt nach dem Debakel in Florenz kommuniziert die Klubführung überwiegend schriftlich mit der Mannschaft. Niemand weiß, was aus dem Klub wird. Aber alle ahnen, dass Trainer Luciano Spalletti auf gepackten Koffern sitzt, dem Gerücht nach, um Carlo Ancelotti bei Milan abzulösen. "Unwürdige" steht auf den Laternenpfählen von Trigoria. Vielleicht ist dieser Hausarrest die beste Lösung. Totti und Co. können sich sowieso nicht auf der Straße blicken lassen.

Montag, 27. April 2009

Signor Klinsmann,

kommen Sie nach Rom. Das Wetter ist besser, das Essen sowieso, vom Wein ganz zu schweigen. Sie müssen ja nicht Papst werden (das wird in den nächsten 500 Jahren nach diesem Amtsinhaber sowieso kein Deutscher mehr), nur Trainer vom AS Rom. Trainer einer verzweifelten, demotivierten, konfusen Mannschaft. Das Stadion kennen Sie noch vom Endspiel 1990, es hat sich leider nicht viel verändert. Wir sind ärmer, Herr Klinsmann, kleiner, hässlicher und ärmer als die Bayern. Wir, die Roma. Unsere Stadt ist natürlich ein viel schöneres Weltdorf als München, ach, man soll nicht Äpfel und Birnen vergleichen. Jedenfalls wären wir Ihnen sehr verpflichtet. Divus Claudius, der göttliche Claudio am Pantheon würde Ihnen jeden Donnerstag Coda alla Vaccinara kochen, in dieser Zimtsauce, die auf Erden niemand sonst hinkriegt. Sie können Buddhas im Trainingszentrum aufstellen, so viel Sie wollen. Das stört hier keinen, wir haben seit den Westgoten schon alles Mögliche gesehen und der Dalai Lama ist Ehrenbürger. Falls Sie die kalifornischen Sonnenuntergänge vermissen: Sabaudias Strände sind nicht weit. Italienisch sprechen Sie eigentlich auch nicht schlecht, also: worauf warten Sie noch? Unser Röschen Rosella würde Sie nicht so stillos feuern wie die Bayern es heute getan haben. Soviel steht fest. Und wenn es mal nicht so klappen sollte, wie wir uns das vorstellen: Wir können immer noch eine kleine Bittprozession zum Divino Amore veranstalten. Das ist doch unsere leichteste Übung.

Sonntag, 26. April 2009

Nostalgia II

Wenn diese Trikots verwirklicht worden wären, wäre ich Fan von Fortuna Düsseldorf geworden.
Und Günter Netzer ganz bestimmt auch.

Freitag, 24. April 2009

Oh Roma II

Der Bürgermeister von Paris, Bertrand Delanoe, hat über seinen römischen Amtskollegen Gianni Alemanno gesagt: "Meine Beziehungen zu Alemanno sind nicht so wie die zu seinen Vorgängern. Er hat seine Wahl mit Hitlergrüßen gefeiert." Alemanno ist darüber tödlich beleidigt und wird von seinen Parteifreunden und Teilen der Presse mit gezogenem Schwert verteidigt. Unser ex-neofaschistischer Bürgermeister sagt über den Pariser, dessen Äußerung zeuge von schlechtem Geschmack. Und der hochgereckte, rechte Arm am Abend von Alemannos Anhängern am Abend des Wahlsieges auf dem Kapitol? Kein schlechter Geschmack? Das seien ja höchstens 20 gewesen, sagt Alemanno.
http://www.repubblica.it/2006/05/gallerie/politica/saluti-romani-alemanno/1.html

Ach so. Na dann. In anderen Ländern, in anderen Städten, wären diese 20 flugs um die Personalien gebeten worden. Mindestens. Hier weist der Bürgermeister darauf hin, er sei demokratisch gewählt worden und verdiene deshalb Respekt.
Respekt verdient vor allem der Bürgermeister von Paris, finde ich. Der ist auch demokratisch gewählt worden und spricht endlich aus, was alle denken müssten: Die Verniedlichung faschistischer Symbole in Italien ist Furcht erregend. Alemanno trägt übrigens immer noch ein Keltenkreuz am Hals, das ihn an einen von Linksextremen getöteten "Kameraden" erinnert. Das Keltenkreuz ist in italienischen Stadien als faschistisches Symbol verboten.

Oh Roma!

Ein Traum ist heute für mich wahr geworden: Ich werde im "Messaggero" zitiert. Die römische Tageszeitung, für die ich so gern als Gesellschaftsreporterin arbeiten würde (jawohl, das ist eine Bewerbung!) schreibt einen Artikel über meinen SZ-Artikel "Forza Flick." Im Sportteil, direkt unter einem Foto der Presidentessa Rosella Sensi. Darin lässt sich der Deutschland-Korrespondent Walter Rauhe über meinen "ironischen, manchmal auch polemischen und sarkastischen Ton" aus: http://www.ilmessaggero.it/articolo_app.php?id=17044&sez=HOME_SPORT&npl=&desc_sez=
Ahò, Ualter! Hast du noch nie was von mir gelesen? In elf SZ-Jahren?! Nun, über Menschen, die meinen, sie hätten die Zeitung gelesen ohne in den Sportteil zu gucken, werde ich mich hier weder ironisch noch polemisch oder sarkastisch verbreiten. Übrigens macht der Kollege, die SZ endgültig zum "Tabloid." Boulevardblatt.
Das Lustige an dem Messagero-Artikel ist, dass er zwar meine Zweifel an der Flick-Story widergibt. Aber auch nicht das Rätsel um den Unterhändler Volker Flick lüftet. Ist der überhaupt verwandt oder verschwägert? Weiß keiner. Also fröhlich weiterspekuliert. Vielleicht ist dieser Volker Flick Gebrauchtwagenhändler. Oder betreibt eine Käsehandlung. Hauptsache, er heißt mit Nachnamen Flick. Wie schreibt der Kollege Rauhe: "Das Münchner Blatt scheint seinen Spaß daran zu haben, die Konfusion in Italien zu beobachten, die die weitverzweigte Verwandtschaft der Flicks ausgelöst hat." Nicht doch. Weitverzweigte Verwandtschaften haben wir selber. Ich jedenfalls, meine Mutter ist die Jüngste von elf Kindern. Aber ein Flick ist leider nicht bei uns dabei.

Donnerstag, 23. April 2009

Deutsch-italienische Deals

Fiat will Opel kaufen: http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,620669,00.html,
die Roma wartet auf Kohle von den Flick-Erben: http://www.sueddeutsche.de/sport/446/466031/text/
Und mir das heute alles egal. Ich habe heute Tomaten-Pflanztag. 32 Fleischtomaten, fünf Cherrytomaten, dazu noch drei Reihen Bohnen, Peperoncini, Zucchini und Gurken habe ich auch schon mal ausgesät. Was soll ich sagen - einen Gemüsegarten zu beackern, macht einen gegen gewisse Breitseiten der Weltwirtschaftskrise vollkommen immun. Ist das jetzt reaktionärer Rückzug ins Private? Ich weiß nicht. Kann's aber allen empfehlen. Neulich (ich glaube es war Sonntag) habe ich zum Thema Krise das Philosophische Quartett gesehen, das ja immer kommt, wenn alle Fußballspiele schon vorbei sind. Die vier Anwesenden Köpfe (samt Boxernase Bodo Kirchhoff) philosophierten über die Frage, wer eigentlich für das Schlamassel, das so viele Menschen weltweit ausbaden müssen, haftbar gemacht wird. Die Antwort war: Niemand, so ist halt das System. Tja. Mir wären hingegen spontan ein paar Namen eingefallen, die ich aber hier fein für mich behalten werde. Und gehe noch 'ne Runde hacken.

Montag, 20. April 2009

Tür zu für Rassisten

Juventus ist heute nachmittag wegen des rassistischen Gegröles beim Juve-Anhang gegen Mario Balotelli dazu verdonnert worden, beim nächsten Heimspiel in einem leeren Stadion anzutreten. Die Juve-Klubführung hatte sich schon vorher bei Balotelli entschuldigt. Ich finde, Lippi sollte Balotelli demonstrativ in die Nationalmannschaft berufen. Er ist 18 Jahre alt, ein sehr guter Stürmer, er würde der Squadra Azzurra gut tun. Und den Rassisten, die seit Jahren auch im Gefolge des Weltmeisterteams auftreten, würde endlich gezeigt, wo die Glocken hängen.

Sonntag, 19. April 2009

Gähn!

Juve-Inter 1:1.Eine Partie, so langweilig wie die gesamte Meisterschaft, in der Inter jetzt 10 Punkte Vorsprung auf Juventus hat (immerhin, es hätten gestern abend auch 13 werden können, wenn Grygera nicht in der Nachspielzeit den Ausgleich erzielt hätte). Dass Inter diese Saison zu Hause dominiert, ist angesichts der Gegner nicht so verwunderlich wie das Wie. Eine Mannschaft ohne Fantasie und Lust zum Risiko, vollkommen desinteressiert am schönen Spiel, perfekt inkarniert in dem Langweiler Zanetti (Kapitän), dem Zyniker Ibrahimovic, und dem talentierten aber völlig zügellosen Enfant terrible Balotelli. Die einzige sehenswerte Aktion des neuen Dauer-Meisters war die Kombination zum 1:0, ein Blitzkonter auf einen Juve-Eckball. A propos Juve, der alte Dauer-Meister ist zu einem Haufen verschreckter Hühner verkommen. Der auf Diego wartet. Früher hieß der Hahn im Korb mal Zidane.
Ein Glück, dass der Fußball hierzulande kein Spiegel der Gesellschaft ist, dass Angst und Zynismus außerhalb der Stadien in Italien nirgends aufeinandertreffen. Und dass unser Premier höchstpersönlich dafür sorgt, wer Chefredakteur der RAI-Programme wird. Damit das Staatsfernsehen ihn genauso wenig attackiert wie Juventus die ehemalige Erzrivalin Inter.

Donnerstag, 16. April 2009

Ciao Udinese

Drei noch so schöne Tore reichen nicht aus gegen einen Diego. So ist das, wenn man ohne Hintermannschaft spielt. Tat Werder ja auch, es tat der Freude keinen Abbruch, das 3:3 im Friauler Frühlingsregen hatte wenig technische Finesse, dafür aber eine Menge Chuzpe und Energie. Ein mitreißendes, unterhaltsames Viertelfinale, das in Italien viele Wenns und Achs und Abers hinterlässt, vor allem die Angst um den 4. Champions-League-Platz in der Saison 2010/2011. Aber so ist es in der Welt, die Geschichte läuft nach Zyklen, wer wüsste das besser als dieses historienbesessene Volk. Man kann eben auch die besten Zeiten hinter sich haben und muss trotzdem nicht unbedingt eine schlechte Figur machen. Ein deutsches Nordderby als Uefa-Cup-Halbfinale und nunja, ab morgen berichten wir aus dieser Ecke trotzdem nicht über's Sportfischen.

Die große Schere

Ich bin keine Freundin des Polit-Moderators Michele Santoro:



Ganz im Gegenteil - ich finde, er gehört zu den großen Zirkusdirektoren im Land, ähnlich wie der zweitklassige Kabarettist Beppe Grillo (http://www.beppegrillo.it) und Marco Travaglio, der Savonarola unter den Journalisten, mit seiner anrührend schlechten Kolumne in einer Frauenzeitschrift. Alles große Selbstdarsteller, diese Herren. Aber dass Santoro jetzt von der Berlusconi-hörigen RAI-Führung unter Druck gesetzt wird, dass ein für seine Sendung Anno Zero (sic) arbeitender Karikaturist gar entlassen wurde, weil Anno Zero es gewagt hatte, den Einsatz des Zivilschutzes im Erdbebengebiet von L'Aquila zu kritisieren - das ist einfach nur ganz erbärmliche Zensur. Schlimm, dass große Teile der Opposition dazu schweigen bzw. in den Chor der Santoro-Zensoren einfallen. Dabei war der Mann mal für eben diese Linke Europaabgeordneter. (Hätte auch nicht sein müssen, finde ich).

Dienstag, 14. April 2009

Die Bayern

...sind mir immer (beim Stand von 1:1) noch fast sympathisch. Aber nur, wenn sie ihren Trainer auch nach dem nächsten 0:4 behalten würden, könnten sie auch so etwas wie Philosophie beweisen.

Klinsmann am Kreuz

Von Italien aus betrachtet ist es schon sehr merkwürdig, wie in Deutschland mit dem Bayern-Trainer Klinsmann umgegangen wird. Glücklich das Land, das solche Probleme hat.
Barcelona ist im Moment die beste Mannschaft Europas - und Bayern nicht. So what? Die 0:4-Niederlage vom letzten Mittwoch hat eine Debatte um Sein und Nichtsein ausgelöst, die hier undenkbar wäre. Dabei sind die drei Italiener schon im Achtelfinale mittenmang gegen die Engländer rausgeflogen. Ohne dass das ein nationales Trauma ausgelöst hätte. Und ohne dass ein einziger Übungsleiter vorzeitig verabschiedet worden wäre. Nun, man hält hier noch ganz andere Dinge aus.
Sicher hat Klinsmann mit seiner angestrengten Art einen Teil der Häme provoziert, die jetzt über ihn ausgeschüttet wird. Offenbar möchten manche Leute ihn jetzt endlich in die Wüste schreiben. Muss man ihn eigentlich so schrecklich ernst nehmen - nur, weil er sich selbst so ernst nimmt? Mir ist der FC Bayern nach dem Nullzuvier jedenfalls ein kleines bisschen sympathischer. Aber das kann sich heute abend schon wieder ändern.

Samstag, 11. April 2009

Brot und Spiele

Während die besten italienischen Köche für die 30.000 Obdachlosen von L'Aquila ein Ostermahl bereiten, wird in den Stadien schon wieder Fußball gespielt. Mit Trauerflor am Arm muss der Zirkus weiter gehen, kaum sind die fast 300 Toten des Erdbebens vom vergangenen Montag begraben. In manchen Fankurven wurden heute nachmittag Spruchbänder gegen die Show nach der Katastrophe hoch gehalten, aber die Protestler waren ja dennoch ins Stadion gekommen. Sie hätten auch zu Hause bleiben können. Leere Stadien gegen den Zynismus der Fußballmanager - das wäre endlich mal ein eindeutiges Zeichen gewesen. Stattdessen: Fünf rote Karten bei Lazio-Roma 4:2 (und man sah deutlich, wie gern sich manche da weiter geprügelt hätten, wenn sie nur ungestört gewesen wären). Immerhin gingen die Erlöse aus vielen Stadien an die Erdbebenopfer in L'Aquila. In einer der Zeltstädte dort habe ich zwei Jungen mit einem Basketball Fußball spielen sehen. Auf Socken - eben genau so, wie sie zwei Nächte zuvor aus ihrem einstürzenden Haus geflohen waren. Sie hatten noch keine Schuhe bekommen. Aber einen Ball zum Spielen hatten sie sich trotzdem organisiert.

Freitag, 3. April 2009

Judo für alle

Jeden Montag und jeden Freitag bringe ich meinen Jüngsten (er ist 11) zum Judo in einer Handelsschule am Forum Romanum. Die Schule fällt auseinander, verschimmelte Wände, überall Rohre auf dem Putz, kaputte Fenster, das übliche halt. Aber der Judo-Unterricht ist klasse. Es gibt in Rom keinen Vereinssport wie in Deutschland, deshalb ist es extrem schwierig und extrem teuer, dafür zu sorgen, dass die Kids sich ein bisschen bewegen. Schwimmkurse zum Beispiel sind ein Drama, aber das haben wir hinter uns. Sieben, acht Jahre, für den Gegenwert eines Kleinwagens. Da muss man sich entscheiden und mit 180.000 Kilometern fährt so ein Auto ja auch noch. Besser keine Fotos!
Der Judokurs jedenfalls ist von der Provinz Rom gesponsort und kostet 20 Euro im Monat. Das können sich zum Glück die meisten leisten und ich treffe Mammas mit Kopftuch oder von den Philippinen, also Roma multiculturale. Manchmal hat einer der Judoka Geburtstag, dann geben die Mammas in der Turnhalle mit den Schimmelwänden einen aus, das ist dann sehr nett. Heute habe ich gesehen, dass auch ein blindes Mädchen in der Judo-Gruppe ist. Der Trainer hat sie vorsichtig hereingeführt.
Da fiel mir ein, dass ich Italien für etwas bewundere, was es nicht hat. Italien kennt keine Sonderschule. Und keine Sportkurse für Behinderte.

Donnerstag, 2. April 2009

Italien - Irland 1:1

Das war nicht schön. Ein langweiliges Spiel ohne Höhepunkte, ein wenigstens irgendwie gerechtes Ergebnis. Die Italiener rechtfertigen sich für diese Vorstellung mit dem angeblich ungerechtfertigten Platzverweis für Pazzini in der 3. Minute. Die Iren suchen keine Ausreden, bravo Trap. Lippis Attacke gegen den deutschen Schiedsrichter Wolfgang Stark kommentiert sich von selbst. Ebenso wie die Tatsache. dass er ohne Not nach einer Halbzeit Andrea Pirlo vom Platz holt, den einzigen Kreativen in der Mannschaft.
An der Tabelle in der Gruppe 8 ändert sich so gut wie nichts: Italien vorn, Irland zweiter. Die Blamage im Juni in Südafrika scheint vorprogrammiert.

Mittwoch, 1. April 2009

Dienstag, 31. März 2009

Bis aufs letzte Hemd

Sechs Spiele hintereinander hatte der Drittligist Juventus Stabia aus Castellammare di Stabia bei Neapel verloren, das letzte in Pistoia. Die zum Auswärtsspiel mitgereisten "Tifosi" forderten die Mannschaft auf, sich an einer Autobahnraststätte zu treffen. Zwecks Aussprache. Die Spieler lehnten dankend ab. Da verlegten die Fans die "Aussprache" nach Hause. Kaum war der Mannschaftsbus in Castellamare angekommen, gerade waren die Spieler ausgestiegen, da wurden sie gezwungen, alles abzulegen. Mit dem Argument: "Ihr seid nicht würdig, unser Trikot zu tragen." Also ausziehen: Trikot, Hose, Strümpfe, Schuhe. Beim Training am nächsten Tag das gleiche Spiel. Zwei Profis verließen daraufhin die Stadt.
Früher zogen die Fans hier ihre Spieler aus, wenn sie gewonnen hatten. Bei mancher Meisterfeier gingen die Helden in Unterhose vom Platz. Jetzt wird der Striptease also bei Niederlagen erzwungen. Die Klubleitung von Juve Stabia sagt dazu nur: "Niemandem ist ein Haar gekrümmt worden. Wir müssen uns für den Imageschaden entschuldigen, den diese Mannschaft der Stadt zufügt." Castellammare di Stabia hat eigentlich ganz andere Imageprobleme als ein paar verlorene Fußballspiele. Ein besonders großes Imageproblem verursacht immer wieder die Mannschaft der Camorra. Aber die spielt natürlich in einer Liga für sich.

Montag, 30. März 2009

Baustelle Italien

Eine Woche bin ich in Deutschland versackt, auch in der Bar Novantesimo Minuto, Augsburger Straße, Berlin. Da aber nur sehr kurz. Die Kneipe war voll mit Kette rauchenden Juventus-Fans und obwohl es zwischen Roma und Juve noch Nullzunull stand, schwante mir überhaupt nichts Gutes. Ich habe also beschlossen, das 1:4 einfach zu verpassen. Und bin gegangen.
Nicht verpasst hingegen das 2:0 der Squadra Azzurra gegen Montenegro mit Vucinic auf der Tribüne und einer italienischen Mannschaft, die mit viel Glück und null Spiel schon wieder drei Punkte ergattert hat. Sogar Lippi gestand später, man habe das nicht moltissimo verdient. Kapitän Cannavaro sprach von einer Baustelle. Er selbst hätte für ein übles Foul Rot sehen müssen, wurde mit Gelb begnadigt und hat sehr offensichtlich seine Topform hinter sich. Seit ziemlich genau zweieinhalb Jahren.
Heute morgen ist aber nicht Cannavaro Thema, sondern der Ausfall der Ferrari in Melbourne. Was mich zu der Frage treibt, wann man diesen Formel 1- Zirkus endlich abschafft? Erfunden, um der damals neuen Automobilindustrie ein "sportliches" Aushängeschild zu verleihen, heute, in Zeiten von Wirtschafts- und Klimakrise nicht nur vollkommen überflüssig. Muss man das eigentlich gut finden? Oder auch nur normal? Okay, es hat auch damit zu tun, dass ich bei meinem bisher einmaligen Einsatz auf der Rennstrecke von Monza fast überfahren worden bin, weil ich, wie so oft in meinem Leben, zur falschen Zeit an der falschen Stelle stand. Aber ich finde es schon komisch, dass dieselben Leute, die sich über den dopingverseuchten Radsport aufregen, die Motor-Raserei für ganz selbstverständlich halten.

Donnerstag, 19. März 2009

Nostalgia

Niemand erwartet, dass es am Samstag wieder so sein wird. Ganz abgesehen davon, dass Tudor nicht mehr für Juventus spielt und Totti wieder für die Roma ausfällt - das vermaledeite Knie. Wen interessiert's, die Welt guckt England. Oder?
Aber weil die Erinnerung das einzige Paradies ist, aus dem wir nicht vertrieben werden können, hier noch einmal: Roma-Juventus 4:0 am 8.2.2004.
Totti zu Tudor: Sei still, du hast vier gekriegt, nun troll dich nach Hause. Ohne Worte

Casale am Anfang

Heute vor 15 Jahren wurde Don Peppino Diana in seinem Heimatort Casal di Principe von einem Kommando der Casalesi ermordet, weil der Priester es gewagt hatte, die Camorra herauszufordern. Mit Worten, wie sonst. Und heute, nach 15 Jahren, gibt es zum ersten Mal eine große Demonstration gegen die Camorra in Casal di Principe. Tausende von jungen Leuten sind gekommen, um an Don Diana zu erinnern. In Casale gibt es einen Fußballklub, der den Namen des ermordeten Priesters auf dem Trikot trägt. Und einen anderen, der das nicht tut. Es gibt Häuser, die wie Bunker ausgestattet sind. Es gibt italienische Soldaten in Tarnanzügen an den Kreuzungen. Es gibt heute etwas, das wie ein Anfang aussieht.  

Mittwoch, 18. März 2009

Streunende Hunde und Faschisten

Streunende Hunde haben in Scicli, Provinz Ragusa, Sizilien am Sonntag einen kleinen Jungen vom Fahrrad gerissen und tot gebissen. Gestern haben sie eine junge Deutsche, die am Strand joggte, angefallen und lebensgefährlich verletzt. Der Bürgermeister des Ortes kam gerade mit seinem Chauffeur (!!!) vorbei, konnte der jungen Frau aber nicht helfen. Er hat jetzt die Leute angewiesen, lieber nicht aus dem Haus zu gehen, bis alle Hunde eingefangen sind.
Wildgewordene Hunde terrorisieren einen Ort auf Sizilien. Einen Ort, der durch die Fernsehserie "Kommissar Montalbano" bekannt geworden ist und der heute vom Tourismus lebt.
Streunende Hunde sind überall in Süditalien. Zum Beispiel in den Ausgrabungen von Pompeji oder im Park des größten Krankenhauses von Neapel. Man kann sich nicht auch noch um die Hunde kümmern, heißt es. Bis sie zu Killern werden. Und nicht nur die Leute von Scicli, sondern auch die Touristen lieber zu Hause bleiben.
Repubblica bringt heute einen großen Report über Rechtsextreme. In einem Film über die römischen Ultras erklärt ein ehemaliger Irriducibili-Führer, wie die Rechte sich im Wahlkampf der Kurve bediente: "Sie riefen uns an und sagten uns, rückt das Spruchband mal etwas weiter nach rechts, man sieht ja gar nichts." Von Fini bis Alemanno (heute Bürgermeister von Rom) hätten das alle getan. "Die Kurve hatte immer den direkten Draht zur Partei." Gemeint sind die Neofaschisten.

http://tv.repubblica.it/copertina/fuori-dalle-fogne/30656?video

Dienstag, 17. März 2009

Der ewige Trap...

...wird heute 70. Als Nationaltrainer von Irland. Er will noch lange nicht in Pension gehen. Und also Journalisten und Anhänger in aller Herren Länder mit seinem wunderbaren Trap-Sprech beglücken ("with i if e with the ma"), einer ganz eigenen Sprache ("Struuunz!"), der sich die Akademiker kommender Generationen widmen werden. Trapattoni hat auch in seiner Muttersprache Italienisch Wörter neu erfunden und Redewendungen geprägt ("Sag' nie Katze, solange du sie nicht im Sack hast."). Als seine schlimmste Niederlage bezeichnet er das 0:1 seiner Juve im Landesmeister-Finale 1983 gegen den HSV (Magath eroe).
Trapattoni ist den meisten sympathisch. Nein, das trifft es nicht ganz: Er ist eigentlich niemandem unsympathisch. Er liebt die Oper. Er machte Werbung für Joghurt und hielt Vorträge für den Opus Dei. Als Nationaltrainer von Italien nahm er eine Flasche voll Weihwasser mit auf die Bank. Er ist witzig und bescheiden. Er schwimmt immer oben. Und nie hat er versucht, den Fußball neu zu erfinden.

Donnerstag, 12. März 2009

Ende mit Schrecken

Uno, due, tre... so fing es im Uefa-Cup an (Milan, Fiorentina, Sampdoria), so ging es in der Champions League weiter. Gestern abend im Olympiastadion wurde schon sehr lange vor den Elfmetern gelitten. Dennoch wollen wir hier mal nicht den Untergang des Abendlandes beschreien:

http://www.sueddeutsche.de/,ra5m1/sport/912/461538/text/

Oder?

Dienstag, 3. März 2009

Mou, mou

Der unvergleichliche Mourinho redet fünf Minuten am Stück über die Unfähigkeit der Gegner, die Schiedsrichterpunkte für Juventus, null Trophäen für die Roma und die große intellektuelle Prostitution in Italien:
http://tv.repubblica.it/copertina/mourinho-contro-tutti/30096?video.
Mou Mou, der Rasenphilosoph, quatscht alle in Grund und Boden:
"Grande manipolazione, grandissima, grandissima!"
Dann kündigt er für die nächsten 91 Tage "Pressekonferenzen wie im Mittelalter" an. Wie man sich das wohl vorzustellen hat? Daumenschrauben für dreiste Fragen?

Montag, 2. März 2009

Mascara!

Giuseppe Mascara, geboren 1979 in Caltagirone.
Sein 3:0 für Catania im Derby gegen Palermo.
Die Partie endet dann 4:0. "Aber das Tor von Mascara
werden sie auch in Tonga sehen", sagt der Kommentator.
Tonga...

Sonntag, 1. März 2009

Inter-Roma 3:3

Ich weiß nicht, wie lange wir brauchen werden, um die Schwalbe von Balotelli, die himmelschreiende Ungerechtigkeit des nachfolgenden Elfmeters, die Arroganz, mit der Balotelli ihn zum 2:3 verwandelte, zu verdauen. Fakt ist: Nach einer grandiosen ersten Halbzeit gegen die Nussknacker führten wir 2:0. Zweizunull in San Siro. Ibra war auf der Bank und ohne Ibra können die wirklich nicht Fußball spielen. Okay, das 1:2 von Balotelli war sehenswert. Brighi antwortete mit dem 3:1. VERDIENT, VERDIENT, VERDIENT! Denn zu sehen war nur die Roma. Und dann kommt dieser Elfmeter, diese Lachnummer. Dieser Balotelli, der auf De Rossi und Motta zurennt, sich genau zwischen sie platziert und sich hinfallen lässt che neanche Inzaghi. Dass Crespo, der ergrauende Alt-Laziale dann noch den Ausgleich macht, ist eigentlich schon nicht mehr der Rede wert. Da soll man keinen Weltekel kriegen und Bohnenbauer werden.

Samstag, 28. Februar 2009

Addio Romanista

"Il Romanista", www.ilromanista.it, die Tageszeitung über den AS Rom, wird morgen zum letzten Mal erscheinen. Nach über vier Jahren gibt es für dieses einmalige Projekt kein Geld mehr. Heute wurde "Il Romanista" für eine Zehn-Euro-Spende verkauft, der Verein "Freunde des Romanista" soll die Zeitung retten. Totti ist eingetreten und hat angekündigt, eine Ausgabe zu garantieren. Eine einzige Ausgabe. Die Zeitung war unabhängig, das ist jetzt ihr Problem. Sicher, Totti wurde nie kritisiert. Die Klubführung, der Trainer und andere Spieler schon. Der Romanista zählte die Tage seit der Gründung der Roma, 29803 sind es heute. Er brachte auf 20 Seiten alles über die Roma, wenig über die anderen, etwas über das Leben in der Stadt. Fast alles wurde für wenig Geld von jungen Leuten geschrieben, die es wichtig fanden, für ein publizistisches Gegengewicht zur "Gazzetta" zu arbeiten. Die größte Sporttageszeitung wird von Juve, Inter und Milan dominiert. Andererseits berichtet der "Corriere dello Sport" ausführlich über Roma, Fiorentina, Napoli. Auch der "Messaggero" hat einen hervorragenden Sportteil, Roma-zentrisch natürlich. Trotzdem denke ich heute: Hätte ich doch jeden Tag den "Romanista" gekauft. Das denken wahrscheinlich viele. Die es dann aber doch nicht getan haben. 

Freitag, 20. Februar 2009

Berlusconi schaudert's

Berlusconi fand das Spiel seiner Mannschaft gegen Werder Bremen "schauderhaft." Was er wohl sagen würde, wenn er der Eigentümer von Werder wäre? Bei Milans B-Mannschaft hatte man wenigstens noch das Gefühl, die können Fußball spielen. Jedenfalls werden nach dem 1:1 von Bremen jetzt die Rufe nach Ancelottis Rausschmiss lauter. Leonardo soll ihn ersetzen oder Donadoni. Zwei frühere Milan-Spieler, genau wie Ancelotti. Donadoni ist allerdings schon dabei erwischt worden, dass er für die Vorwahlen der Demokratischen Partei in der Schlange stand. Nun, die Demokraten lösen sich gerade auf. Schaut ganz so aus, als hätte Berlusconi bald überhaupt keine Opposition mehr. Und dann könnte auch Donadoni Milan-Trainer werdden.

Mittwoch, 11. Februar 2009

Ferrari und Dampflok

Das Luxus-Freundschaftsspiel Brasilien-Italien in London gestern abend wirkte wie ein Duell zwischen Ferrari und Dampflok. Die Italiener ließen sich von der Milan-Reserve Ronaldinho, von Robinho und sogar von dem massigen Adriano regelrecht austanzen. Robinho spielt bei Manchester City. Kakà, der da nicht hinwollte, fiel gestern aus.
Es war viel Serie A auf dem Platz: Julio Cesar, Adriano und Maicon von Inter, Juan (und kurz vor Schluss eingewechselt) Baptista von der Roma, Ronaldinho, Pato, Thiago Silva von Milan, Felipe Melo von der Fiorentina. Der einzige Lichtblick bei den Italienern neben dem zu Unrecht abgepfiffenen Grosso-Tor: Milans Zambrotta. Wurde sehr wach und sehr findig, nachdem ihn Robinho einmal entsetzlich ausgetrickst hatte. Die beiden Bayern Lucio und Toni gerieten hart aneinander. Ach, Toni... Wie er den Ball mit offenen Armen fing, kurz und herzlich an sich drückte, fallen ließ, ihn ins Tor beförderte und dann mit großen, staunenden Augen sehr knapp gegen die Annullierung protestierte...Der Rest war Schweigen und Toni immer noch besser als Gilardino. Brasilien gewann mit zwei atemberaubenden Kontertoren. Eisenherz Lippi versprach, nächstes Jahr würde seine Mannschaft diese Selecao schon einholen. Als wenn eine Dampflok mit einem Ferrari gleichziehen könnte.

Montag, 9. Februar 2009

Il bello del calcio VI

An der Piazza San Lorenzo in Lucina hängt eine Lampe im Schaufenster, wie ich sie schon lange suche. Die Lampe hat nur ein Problem: Sie schimmert außen bläulich. Und innen strahlt sie weiß.
- Das ist der Lichteinfall, sagt der Verkäufer. In Wirklichkeit ist sie einfach nur weiß. - Er holt den Katalog hervor. Darin ist die Lampe einfach nur weiß.
Der Verkäufer sagt: Außen Himmelblau und innen weiß geht hier nämlich gar nicht.


Sonntag, 8. Februar 2009

Ping pong!

Eine kürze Würdigung der Tatsache, dass sich 1500 festlich gekleidete Menschen in der Oper von Neapel zu einer standing ovation erheben,begleitet von dem Ruf: Es lebe die Verfassung! Beides, der Applaus und die Rufe, gelten dem Staatspräsidenten Napolitano, der sich geweigert hat, eine nicht verfassungskonforme Notverordnung von Regierungschef Berlusconi zu unterschreiben. Berlusconi wollte damit ein Urteil des Kassationsgerichtes aushebeln, mit dem einem Vater erlaubt wurde, seiner seit 17 Jahren im Koma liegenden Tochter das Sterben zu ermöglichen. Berlusconi ging so weit zu behaupten, die heute 38-Jährige Komapatientin sei durchaus in der Lage, Kinder zu bekommen. Er warf dem Präsidenten Hilfe zur Euthanasie vor und bezeichnete die Verfassung als Konstrukt der Sowjets (weil in der verfassungsgebenden Versammlung 1948 nicht die heute wieder modernen Faschisten am Werk waren). Berlusconi will jetzt die Verfassung ändern und vorher in drei Tagen ein Gesetz durch das Parlament peitschen, das den Tod der Komapatientin verhindern soll. Die alten Männer im Vatikan applaudieren nicht dem Staatspräsidenten. Sondern Berlusconi.
Man fragt sich, wieso Italien überhaupt noch ein Parlament braucht, noch dazu das mit den meisten und bestbezahlten Parlamentariern der Welt. Eine Quatschbude, sagte schon Mussolini.
Eigentlich soll es aber heute gar nicht darum gehen. Sondern um Berlusconis Intimfreund Marcello dell'Utri einen Bücherfreund aus Sizilien, der wegen Mafiaverbindungen schon das eine oder andere Gerichtsurteil kassiert hat. Dell'Utri hat die italienischen Tischtennisvereine unterwandert. Systematisch. Und unbemerkt von der Öffentlichkeit. Dell'Utris "Forza-Italia-Klubs" pumpten jede Menge Geld ins Pingpong. Letztes Jahr gewann einer dieser rechten Tischtennisklubs die Meisterschaft. Jetzt ist dell'Utri das Geld ausgegangen. Die Spieler und ihr chinesischer Trainer streiken. Der amtierende italienische Tischtennismeister erscheint einfach nicht mehr zu den Spielen. Das hat natürlich nichts mit der Sowjet-Verfassung zu tun. Gar nichts.

Freitag, 6. Februar 2009

Der Boxer


Heute ist ein grauer Tag. Der richtige Tag für einen Besuch beim Boxer im Palazzo Massimo. Der Boxer trägt Narben im Gesicht und Handschutz aus Pelz und Leder. Er ist 2100 Jahre alt und sehr athletisch. Wir sehen uns so ein, zweimal im Jahr. Und damit ist der graue Tag für mich gerettet.

Donnerstag, 5. Februar 2009

Kann Beckham Fußball spielen?

Doch, kann er. Natürlich ist er kein Überflieger. Aber nützlich für die Mannschaft, wie das immer so schön heißt. Nützlicher als Ronaldinho. Man darf sich selbstverständlich weiterhin fragen, warum ein Fußballer, der zwar nicht viel verkehrt macht aber auch ganz offensichtlich kein Genie ist, solch' ein Superstar werden kann. Aber mal ehrlich: gilt das nicht für verdammt viele Bereiche?

http://www.sueddeutsche.de/sport/515/457176/text/

Dienstag, 3. Februar 2009

Ein Streich dummer Jungen

Drei junge Männer, einer von ihnen minderjährig, saufen und kiffen, streifen nachts durch den Küstenort Nettuno bei Rom, erspähen einen jungen Inder, der auf einer Parkbank schläft. Die drei Italiener übergießen den schlafenden Inder mit Benzin und zünden ihn an. "Wir wollten nur unseren Spaß haben", sagen sie nachher. Ihr Opfer erleidet schwerste Verbrennungen, die Ärzte geben ihm eine Überlebenschance von 40 Prozent. Die Mutter des minderjährigen Täters sagt in Zeitungsinterviews, ihr Sohn sei kein Rassist, zumal sie ja auch mit einem Tunesier verheiratet sei. Kein Rassismus, glaubt auch der Innenminister und kündigt an: Wir müssen böse zu den Illegalen sein.
Das Opfer von Nettuno ist ein Illegaler. Der Senatspräsident hat ihn im Krankenhaus besucht und ihm eine Arbeit versprochen. Wenn er durchkommt. Der Staatspräsident hat gesagt, die grauenhafte Tat von Nettuno sei kein Einzelfall, sondern ein Symptom für den immer weiter grassierenden Rassismus.
Es ist ein schwerwiegender Irrtum zu glauben, ein Mordanschlag aus Langeweile sei nicht so kriminell wie ein Mordanschlag aus Rassismus. Oder ist es etwa tröstlich sich vorzustellen, die drei jungen Italiener aus Nettuno hätten auch einen Italiener auf der Parkbank angezündet? Sich aus Langeweile an den Schwachen zu vergehen, das ist der Abgrund.

Freitag, 30. Januar 2009

Wer zu spät kommt...

...wie Daniele Mannini vom SSC Neapel oder Davide Possanzini von Brescia Calcio, den bestraft die Antidopingagentur Wada. Und das Schiedsgericht in Lausanne. Possanzini und Mannini hatten sich in der vorigen Saison Zeit gelassen, bevor sie zum Dopingtest erschienen. Das ist aus ersichtlichen Gründen verboten - unmittelbar nach der Auslosung werden die Spieler unter ärztliche Aufsicht gestellt, um krumme Tricks zu verhindern. Die beiden Italiener erhielten jeweils eine Sperre von einem Jahr. Und die Solidarität ihrer Kollegen. Die Spielergewerkschaft AIC will aus Protest sämtliche Spiele an diesem Wochenende verspätet starten lassen. Ganz schön peinlich. Die Regeln gelten für alle, so einfach ist das. Die Strafe sei übertrieben, hat Verbandspräsident Abete gesagt. Abete redet, als handele es sich um eine einfach Verspätung. Als seien zwei Jungs halt eine halbe Stunde zu spät zu einem Date erschienen. Mit welcher Entschuldigung eigentlich? Egal - es ist frappierend, dass Profifußballer so tun dürfen, als hätten sie keine Ahnung.
A propos frappierend: Die beiden Minister La Russa (Verteidigung) und Meloni (Jugend), die das Freundschaftsspiel Brasilien-Italien am 10. Februar abblasen wollen, weil Brasilien den in Italien (in Abwesenheit) verurteilten Ex-Terroristen Cesare Battisti nicht ausliefern will. Zur Erinnerung: Vor kurzem hatte Berlusconi den brasilianischen Kollegen Lula mit sämtlichen brasilianischen Milan-Spielern empfangen. Tja, die Politik macht eben mit dem Fußball, was sie will. Ministerin Giorgia Meloni hatte die aparte Idee, wenn die Azzurri trotzdem spielen wollten sollten sie gefälligst eine Trauerbinde tragen. Und der große Gigi Buffon hat der Ministerin geantwortet: "Trauer? Es handelt sich hier nicht um eine Tragödie, sondern um Verhandlungen zwischen zwei Staaten." Und um eine Möglichkeit, auf die unverschämteste Weise Propaganda zu machen.

Donnerstag, 29. Januar 2009

Il bello del calcio V

Nach 38 Tagen Verletzungspause kehrt Francesco Totti zurück und beschert der Roma ein Tor und eine Vorlage beim 2:1 gegen Palermo. Vierter Sieg, fünfter Platz. Inter marschiert mit 10 Mann und Mourinho auf der Tribüne (er futtert sizilianische Reisklößchen) 2:0 in Catania durch. Ibrahimovic ist wirklich nicht aufzuhalten, seine Kraft und sein Durchsetzungsvermögen sind beeindruckend. Sicher, er ist kein bisschen elegant, aber was macht das schon? Das ist seine Mannschaft ja auch nicht. Schade, dass die Juve beim 1:2 gegen Udinese so alt ausgesehen hat (vielleicht schafft sie es nicht ohne Del Piero?), so dass Inter ihren Vorsprung schon wieder auf sechs Punkte strecken konnte. Wenn das so weitergeht, wird's dann doch langweilig. Dabei wird der lustigere Fußball natürlich weiter unten gespielt. Beckham trifft schon wieder in Milan-Genoa 1:1, humpelt dann allerdings vom Platz. Will bei Milan bleiben. Bei Fiorentina-Napoli 2:1 geht es zur Sache - und natürlich bei Sampdoria-Lazio 3:1. Der römische Vorstadtklub hat in vier Tagen sieben Tore kassiert, mehr ist dazu nicht zu sagen. Außer, dass mein Freund Claudio, einer der besten Köche Roms, in seiner Küche am Pantheon einen Zeitungsausschnitt aufbewahrt. Es ist ein Artikel aus dem Messaggero vom letzten August. Titel: "Lazio, das ist dein Jahr." Claudio, Romanista sfegatato, hat ihn aufbewahrt, um ihn den Lazio-Anhängern unter seinen Kunden zu gegebener Zeit unter die Nase zu halten. Claudio! Es ist soweit. Aber vielleicht sollten wir noch ein paar Tage warten.

Mittwoch, 28. Januar 2009

Die Wut der Piazza

Wir warten darauf, dass Papst Benedikt XVI. erklärt, in welcher Funktion er den Holocaust-Leugner Richard Williamson wieder in den Schoß von Mutter Kirche aufgenommen hat. Als einfachen Gläubiger und Sünder? Oder als Bischof und Amtsbruder - Benedikt ist ja Bischof von Rom? Die israelischen Rabbiner wollen die Antwort lieber nicht abwarten und haben das Ende der Beziehungen zum Vatikan angekündigt. Der Vorsitzende der italienischen Bischofskonferenz, Kardinal Bagnasco, hatte sich vor ein paar Tagen über die unangemessene Kritik von jüdischer Seite beklagt. Das ist alles unfassbar in einer Stadt, in der die Päpste als Herrscher Jahrhunderte lang die älteste jüdische Gemeinde der Diaspora systematisch gedemütigt und in ein Ghetto gesperrt haben. Nicht nur das: sie haben zugesehen, wie die Nazis 2000 jüdische Römer nach Auschwitz deportierten. Unfassbar, dass die Aussöhnung, die der Pole Wojtyla mit den Juden gesucht hat, jetzt von dem Deutschen Ratzinger verspielt wird, weil ihm offensichtlich ein paar reaktionäre schwarze Schafe wichtiger sind.
In Guidonia vor den Toren Roms haben Rechtsradikale Jagd auf Roma und Rumänen gemacht, nachdem vier junge Rumänen eine junge Italienerin vergewaltigt hatten. Die vier Täter und zwei Helfershelfer wurden Tage nach der Tat verhaftet. Die aufgebrachte Piazza versuchte, die Männer den Carabinieri zu entreißen. Mit den üblichen, ausländerfeindlichen Parolen. Der Minister für Vereinfachung, Roberto Calderoli von der Lega Nord, fordert die chemische Kastration für Vergewaltiger. Die Statistik sagt: 90 Prozent der Vergewaltigungen in Italien werden von Italienern verübt.

Montag, 26. Januar 2009

Oh Carla!





RAItre am Sonntag abend. Hier sagt Mme Sarkozy 1. dass sich die Politiker jede Menge Gedanken um uns machen und wir deshalb wirklich in gaaanz guten Händen sind und 2. dass man in 20 Jahren sagen wird: Mensch, der Sarkozy. Der hatte es aber raus. Wenn der nicht gewesen wäre!
Ahò Carla! Was wollen wir wetten?

Sonntag, 25. Januar 2009

Bella domenica

Die Roma gewinnt 3:0 in Neapel (Mexès, Juan, Vucinic) und beschert dem SSC Neapel damit die höchste Heimniederlage seit 1947 (?!), angeblich. Und das wäre eigentlich schon genug: gleichauf mit Napoli, die Champions-League-Zone zum Greifen nah, Totti genesen und auf der Bank. Schade nur, dass Panucci gehen wird. Er hat sich heute geweigert, auf der Bank Platz zu nehmen und zog direkt auf die Tribüne - und weil sein Vertrag im Sommer ausläuft, war's das dann wohl. Ziemlich undankbar von Seiten der Klubleitung übrigens, Panucci war immer eine Säule und machte verlässlich immer dann Tore, wenn die anderen einen schlechten Tag hatten. Also mit schöner Regelmäßigkeit.
Was ich aber eigentlich sagen wollte: Das Spiel des Tages war nicht Napoli-Roma, sondern Lazio-Cagliari 1:4. Eins zu vier!!! Dazu zwei von Rocchi und Zarate verschossene Elfmeter (Cagliari hatte einen verwandelt) und Platzverweis für einen weißblauen Ersatzspieler.
Delirium!